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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1973/0190
Neues Schrifttum

Konjunkturen und Krisen oder den Abgaben und Diensten der Bauern, die über mancherlei
Verwandlungen hinweg den Staat mitbegründen halfen, der uns umgibt? Was wissen
wir vom Alltag unseres Volkes? Nicht viel, wird die Antwort lauten müssen..."
(Wilhelm Abel).

Vor hundert Jahren lebten 75 Prozent der deutschen Bevölkerung auf dem Land (und
hier wiederum nahezu ausschließlich von der Landwirtschaft). Noch 1950 beschäftigte die
Land- und Forstwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland 5 Millionen Menschen, d. h.
ein Viertel aller Erwerbstätigen. 1950 bis 1971 verringerte sich der Anteil der in der Land'
und Forstwirtschaft beschäftigten Personen um 56 Prozent auf 2,2 Millionen, d. h. auf
ganze 8,4 Prozent der Erwerbsbevölkerung. Noch deutlicher charakterisiert das rapide
Sinken der Bedeutung der Landwirtschaft für die Gesamtwirtschaft die Tatsache, daß 1967
96 v. H. des Bruttoinlandproduktes der Bundesrepublik aus den nichtlandwirtschaftlichen
Bereichen der Wirtschaft stammten. Die Tendenz geht seither weiter nach unten.

Der skizzierte rasche sozio-ökonomische Wandel ergriff auch die Landschaft, deren
Geschichte Gegenstand der Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte ist - wenn auch mit
einer gewissen zeitlichen Verzögerung, die für alle Lebensbereiche Hohenzollerns bis heute
nahezu durchgängig zu beobachten ist.

1946 waren zum Beispiel 58,8 Prozent, 1950 46,7 Prozent aller Erwerbspersonen des
Landkreises Sigmaringen in der Land- und Forstwirtschaft tätig (fast doppelt so viel wie
im Bundesdurchschnitt). 1963 galt der Kreis zwar noch als „überwiegend landwirtschaftlich
strukturiert", die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe hatte sich aber von 1949 bis 1961
um mehr als ein Drittel von 4835 auf 3051 verringert (unter den 1961 noch existierenden
Betrieben waren dabei schon fast 50 Prozent Nebenerwerbsbetriebe, deren Einkommen zum
größeren Teil aus nichtlandwirtschaftlicher Tätigkeit stammte). Die Zahl der in der Industrie
Beschäftigten hatte sich dagegen von 1951 bis 1962 um über 100 Prozent erhöht.

Die angedeutete Entwicklung hat sich seither weiter verschärft, nicht zuletzt durch die
Folgen der zunehmenden Integration in die Europäische Gemeinschaft. Läßt man den Fall
größerer internationaler Krisen im politischen und wirtschaftlichen Bereich einmal außer
acht, so kann man auch für Hohenzollern relativ exakt berechnen, wann englische Verhältnisse
erreicht sein dürften oder die Landwirtschaft gar nur noch landschaftspflegerische
Aufgaben haben wird.

Dies sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Geschichte Hohenzollerns
bis vor einem Menschenalter nahezu ausschließlich Agrargeschichte, Geschichte einer ländlichen
Bevölkerung gewesen ist, wenn auch das, was an Untersuchungen zur hohenzolleri-
schen Geschichte bis jetzt vorliegt, oft den Eindruck erweckt, daß diese Geschichte nur die
Vergangenheit der Vornehmen und Reichen, der Mächtigen und Gewalttätigen war. Adel,
Geistlichkeit und städtische Oberschicht waren zahlenmäßig unbedeutend und ohne ländliche
„Infrastruktur" nicht existenzfähig.

Die oft als Zeitvertreib pensionierter Oberlehrer belächelte Erforschung lokaler und regionaler
ländlicher Sozial- und Wirtschaftsgeschichte tut not, um das bisherige Bild der
Vergangenheit, dem, was in dieser Vergangenheit wirklich war, möglichst anzunähern, um
nicht (oft liebenswürdig aber doch) zu verfälschen, um nicht Illusionen zu produzieren,
sondern nach den realen Lebensumständen einer Gesamtbevölkerung zu fragen, und zwar
in ihrer Bedeutung für uns heute. Die meisten Fachleute glauben hier nur zu kleine Fische
fangen zu können, die Arbeit wird von ortsansässigen Liebhabern (zum Teil sind es wirklich
Oberlehrer) getan, also Nicht-Fachleuten, die mit viel Interesse und Engagement, oft
aber ohne entsprechendes Rüstzeug und die einfachsten Hilfsmittel, ans Werk gehen. Ihnen
etwas zu helfen, ist die Absicht der folgenden Ausführungen.

Es sollen einige (zum Teil ältere) Standardwerke zur Agrargeschichte vorgestellt werden
, mit deren Hilfe Grundbegriffe und Einzelinformationen, Zusammenhänge und Überblicke
gewonnen werden können. Es geht dabei wirklich nur um ein Vorstellen und nicht
um eine Kritik, die angesichts der Leistung der meisten Autoren nur kleinkariert sein könnte
. Fachlich fundierte Auseinandersetzung mit den einzelnen Werken findet der spezieller

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