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Neues Schrifttum
Schicksal des einstigen preußischen Regierungsbezirks Sigmaringen die Errichtung und
künftige Existenzberechtigung der die staatliche Mittelinstanzsphäre ausfüllenden Regierungspräsidien
seit 1952 und besonders seit 1969/70 an. Im Verlauf der verschiedenen
Stadien der Verwaltungs- und Funktionalreformen widerrief die die Regierung tragende
CDU-Landtagsfraktion im Einvernehmen mit dem Kabinett die ursprünglich beabsichtigte
Abschaffung der 4 Regierungspräsidien zugunsten der Errichtung von sog. „Regionalkreisen
". Erst nach der endgültigen Klärung der Alt-Baden-Frage im Jahre 1970 konnte die
bereits 1954/55 beabsichtigte Landkreisreform im Rahmen einer durch diverse Denkmodelle
seit 1969 propagierten umfassenden Funktional- und Gebietsreform des gesamten
Landesverwaltungssektors in Gang gebracht werden. Eingehend befaßt sich Speidel mit
dem Verhältnis der Kreisverwaltungen zu den mittelinstanzlichen Regierungspräsidien und
den dazwischen angesiedelten, neu geschaffenen Regionalverbänden, welch letztere Planungsaufgaben
wahrzunehmen haben. Auch werden die gegenseitigen Funktionsverluste
und -gewinne zwischen der mittleren und unteren Verwaltungsebene am Beispiel der im
Nachhinein entstandenen Nachbarschaftsverbände gegenübergestellt und eine abschließende
kritische Bilanz dieser mitunter fast totalen Verwaltungsreformen gezogen.
Im Abschnitt über die finanziellen Grundlagen behandelt Eugen Frick auch „Die ho-
henzollerischen Amtsverbände" und informiert über das Funktionieren des komplizierten
Finanzausgleichs im Rahmen der Finanzreform und des Steuer- und Abgabenrechts.
Der letzte Landrat des Kreises Wangen im Allgäu und Vorsitzende der Planungsgemeinschaft
östlicher Bodensee-Allgäu, Walter Münch, setzt sich mit der Theorie und Praxis
der Planung und Entwicklung der hierfür zuständigen Dienststellen bei den Landkreisen
auseinander, wobei er besonders die Rolle der württembergischen Verwaltungsaktuare
und der Oberamts- und nachmaligen Kreisbaumeister würdigt. Von Interesse ist auch die
Organisation der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) als größtem kommunalem
Aktionär der Energieversorgung Schwaben AG (EVS). Die Bedeutung des Landesplanungsgesetzes
von 1962 und des Bundesraumordnungsgesetzes von 1965 für die Durchführung
der Planungsaufgaben der Landkreise zur Förderung der Infrastruktur dieser unteren
Verwaltungsebene wird ebenfalls eingehend geschildert.
Im Kapitel über die Kulturpflege behandelt der einstige Konstanzer Landrat Ludwig
Seiterich, der sich sehr um eine sinnvolle Regionalgliederung des baden-württembergischen
Bodenseeraumes bemüht hatte, das Verhältnis der Landkreise zu den verschiedenen Schultypen
, insbesondere dem Berufsausbildungssektor, und die wesentlichen Aufgaben der mit
dem Begriff der „Heimatpflege" vielleicht am besten umrissenen sonstigen Kulturpflegeaufgaben
, unter die auch das Archivwesen fällt.
Das Wesen der Wohlfahrtspflege, die sich aus der Armenpflege hin zur allgemeinen Fürsorge
und Sozial- und Jugendhilfe bei den Landkreisen entwickelte, wird von Ernst Dit-
ton mit einem Ausblick auf die Anwendung der Sozialplanung als wirksamem künftigem
Verwaltungsinstrument vorgestellt. Der ehemalige Waiblinger Landrat Werner Bertheau
befaßt sich im Abschnitt über das Gesundheitswesen mit der zentralen Position der Krankenhäuser
für das öffentliche Gesundheitswesen. Die Sparkassen und ihre Bedeutung für
die Wirtschaftsförderung und -struktur unter Berücksichtigung der wirtschaftshistorischen
Hintergründe werden von Max Reim untersucht und dargestellt.
Unter dem Titel „Aus dem Landkreistag" macht Eugen Frick abschließend mit den
Vorläufern des Landkreistags Baden-Württemberg vor allem während der Weimarer Republik
vertraut. Er weist dann besonders auf das Anhörungs- und Mitwirkungsrecht dieser
Institution bei der Landesgesetzgebung gegenüber der Landesregierung und dem Landtag
hin und charakterisiert das Amt des Landrats nach der Kreisreform. Erfreulich sind außerdem
die im Anhang beigegebenen Ubersichten über Landkreise und Landräte seit 1945
sowie das ausführliche Register, weshalb man dieser Veröffentlichung in der Tat den Charakter
eines wichtigen Nachschlagewerkes zur komplizierten Verwaltungsgeschichte unseres
Landes in ihrem geschichtlichen Werdegang zubilligen kann. Diese Neuauflage und
Neuerscheinung erwies sich als dringend und sinnvoll, weil der Integrationsprozeß zwi-
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