Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13(100).1977
Seite: 210
(PDF, 41 MB)
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Neues Schrifttum

Walter Schiele: Johann Joseph Vöhlins genealogische Sammlung. Studien zur Person,
zum Werk und zur Arbeitsweise des Historikers und Genealogen Johann Joseph Vöhlin
von Frickenhausen (1709-1785). Göppingen: Kümmerle 1971. XXII, 129 S. (Göppin-
ger akademische Beiträge 16.)

Diese Tübinger Dissertation bringt in einem einleitenden ersten Abschnitt familiäre
und biographische Daten Vöhlins mit einer Reihe biher unbekannter Details. Im zweiten,
bibliotheksgeschichtlichen Abschnitt versucht Schiele die noch vorhandenen Arbeiten Vöhlins
an ihren heutigen Lagerorten aufzufinden. Vöhlin versah seine Arbeiten meist mit
Exlibris und vermachte Bibliothek und Sammlung schon zu Lebzeiten zur Gänze Stift
Roggenburg. Diesen relativ günstigen Voraussetzungen für eine Rekonstruktion der
Sammlung folgt als erschwerendes Moment die Auflösung und Verteilung der Bestände
des Klosters nach der Säkularisation. Schiele konnte die meisten Stücke im Hauptstaatsarchiv
sowie in der Bayerischen Staatsbibliothek in München nachweisen, obwohl Vöhlins
Sammlung nach dem Pertinenzprinzip verteilt wurde. Eine solche Rekonstruktion, die wenigstens
an einer Stelle den Einschnitt der Säkularisation überwindet, ist dankenswert, zumal
die Sammlung durch kurze Handschriftenbeschreibungen sowie durch ein Register der
Familien, über die genealogisches Material vorhanden ist, gut erschlossen wird. Schiele gelang
sogar der Nachweis einzelner Drucke aus Vöhlins Besitz, obwohl buchgeschichtliche
Hilfsmittel über Druckwerke - abgesehen von der Zeit der Wiegendrucke - kaum vorhanden
sind. Vollständigkeit kann freilich nur angestrebt, nicht voll verwirklicht werden,
zumal Nachforschungen immer nur gezielt, punktuell und schwerpunktmäßig erfolgen
können; eine flächenmäßige Erfassung bibliotheksgeschichtlicher Hinweise ist dagegen selten.

Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit der Arbeitsweise des Genealogen Vöhlin.
Schiele untersucht zunächst dessen eigene Aussagen in den Vorreden. Dann folgt eine
Konfrontation von Vöhlins Werk „Neu belebtes Urspring" mit den Ergebnissen modernerer
genealogischer Forschungen: ohne selbst zu den Quellen zurückzugehen kann Schiele
Vöhlin viele Fehler nachweisen. Die starke Abhängigkeit Vöhlins von seinen Vorlagen
(zunächst Bucelin, später Hattstein) wird anschließend auch für die Hauptsammlung
„Hochadeliges Schwaben" kursorisch nachgewiesen. Schon diese nur auswählende Analyse
kann den fragwürdigen Quellenwert Vöhlinscher Genealogien erweisen; einen - sehr eingeschränkten
- Wert kann mit Schiele einzig in deren Umfang gesehen werden.

Freilich unterscheidet sich Vöhlin damit nur graduell von vielen anderen Genealogen;
Genealogie ist weithin eine Sammelwissenschaft auf Treu und Glauben, die Quellen sind
selbst bei neueren Arbeiten oft ungenügend verifizierbar. In Reaktion dazu sind einzelne
Forscher dazu übergegangen, nur urkundlich eindeutig belegbare Familienmitglieder in
ihre Genealogien aufzunehmen. Zweifellos ist dies der richtige Ansatz. Doch fallen dabei
mit den Fehlern früherer Sammler auch viele ihrer richtigen Uberlieferungen unter den
Tisch. Auch ist fraglich, ob wirklich alle für eine Familie relevanten Urkunden jeweils erfaßt
werden können; zudem kann angenommen werden, daß manch früherem Genealogen
doch Quellen zur Verfügung standen, die inzwischen verlorengingen. So führt kein Weg
daran vorbei, neben dem urkundlich belegbaren Teil einer Familiengeschichte auch alle
anderen vorhandenen (und nicht eindeutig als falsch erweisbaren) genealogischen Uberlieferungen
heranzuziehen, deren geringere Quellensicherheit freilich zu kennzeichnen ist.
Unter diesem Gesichtspunkt wäre es sehr wünschenswert, den Quellenwert auch anderer
genealogischer Sammlungen auf ähnliche Weise wie hier für Vöhlins Sammlung geschehen,
zu untersuchen; solche Untersuchungen werden allerdings oft sehr viel schwerer zu einer
so eindeutigen Aussage kommen, wie im vorliegenden Fall.

Daß die Art der genealogischen Forschung immer auch etwas über den Genealogen und
seine Zeit aussagt, klingt an verschiedenen Stellen von Schieies Arbeit an; seltsam kontrastiert
dabei die aufwendige, pompöse Darstellung mit der oft schon ausgehöhlten Bedeutung
der beschriebenen Familien, besonders der von Vöhlin selbst.

Stuttgart Michael Klein

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