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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0101
Hohenzollern-hechingischer Landesvergleich

machte sozusagen alle Konfliktpunkte wieder disponibel, ganz abgesehen von den
immensen Kosten, die ein regulärer Prozeß verursacht hätte. Reuß hatte sich in
die Verhältnisse des Landes einzuarbeiten versucht und mit seinem Scharfsinn die
anstehenden Probleme durchdrungen, so daß er am Ende trotz der in Jahrhunderten
aufgehäuften Gegensätze eine Lösung herbeiführen sollte. Reuß war
sicherlich kein Adept der französischen Revolution, er war ein aufgeklärter
Bürokrat, ein Mann, der die Modernisierung über den Rechtsstaat, nicht über die
Ideen von Gleichheit und Freiheit durchzusetzen suchte. Dabei war er aber zugleich
ein Mann des Reichsverbandes.

Freilich, sein erster Anlauf war zu stürmisch gewesen. Zwar hatten die Deputierten
geschlossen zugestimmt, aber als Hürde hatten sich ihre Rückverhand-
lungen mit den Gemeinden erwiesen - und das ist bei genauerem Hinsehen nicht
erstaunlich. Die Untertanen waren nicht soweit juristisch geschult, als daß das
traditionelle Mißtrauen gegen die Bürokraten nicht wieder die Oberhand gewonnen
hätte. Wer sagte ihnen denn, daß sich nicht hinter dem Kompromiß allerlei
Pferdefüße verbargen? Allerdings zeigte sich auch noch etwas anderes: Hinter
der Nachgiebigkeit der Regierung, dem faktischen Beiseiteschieben der alten
Urteile witterten die entschlossensten Kräfte der Opposition unter den Untertanen
die deutliche Schwäche der Herrschaft - kein Wunder, da gleichzeitig
allerorten in Europa das Bestehende in Frage gestellt wurde. So schlug die Entwicklung
zunächst um 58.

Unter den Bedingungen des fortdauernden Krieges gegen das revolutionäre
Frankreich trat eine Ernährungskrise ein, die natürlich die Wildschäden wieder
besonders provozierend erscheinen ließ M. So erwirkten die Untertanen ein Mandat
des Reichskammergerichts gegen den Landesherrn, das den Abschuß des Wildes
in größerem Stil befahl. Die Untertanen hatten jedoch längst zur Selbsthilfe
gegriffen. Das alte Spiel schien von neuem zu beginnen, die Landschaft rückte
wieder in die Illegalität, griff im Forst zu Maßnahmen, die von der Herrschaft
als Wilderei zu betrachten waren, Abgaben und Fronverweigerungen waren an
der Tagesordnung. Die Gemeinden Hausen und Starzein bewaffneten sich, die
übrigen drohten zu folgen. Der Fürst wandte sich mit einem resignierten Aufruf
an die Untertanen, in dem er zugleich die Befolgung des Reichskammergerichts-
mandats anbot. Aber er drohte auch den „Aufruhrern", wie er sie nannte, mit
ernsten Folgen. Die Untertanen zogen jedoch in Trupps von 20 bis 30 Mann über
die Felder, jagten im fürstlichen Tiergarten und bedrohten die verhaßten herrschaftlichen
Jäger. Unter diesen Umständen forderte der Fürst erneut zur Wahrung
des Landfriedens die Hilfe des Schwäbischen Kreises an.

58 Cramer: Grafschaft, S. 396 ff.

59 Das folgende nach dem Bericht der subdelegierten Kommissarien: Freiherr von Las-
solaye, konstanzischer Hof- und Regierungsrat, und von Luhe, württembergischer
Kammerherr und Regierungsrat, an den Fürstbischof von Konstanz und den Herzog
von Württemberg, 1795 XII 11 Meersburg und 1795 XII 28 Stuttgart (Kopie, beglaubigt
). StAS, Reichskammergericht H5163, Vol. 17. Ebenda auch der Kommissarien
„Hauptprotokoll in der Hechinger Commissions-Sache, geführt im August und September
1795".

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