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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0016
Kallenberg

aber ein waches Mißtrauen der bäuerlichen Bevölkerung gegen den Fürsten, gegen die
fürstlichen Beamten, gegen die vielfach privilegierte Residenzstadt; geblieben waren vor
allem die hohen, während der Kriegszeiten der Jahrhundertwende noch weiter angewachsenen
Landesschulden. Die seit 1835 als Volksvertretung wirkende zwölfköpfige
Landesdeputation gewann nur geringen Einfluß7. Überwiegender Erwerbszweig war die
Landwirtschaft auf wenig ertragsfähigen Böden, daneben bescheidene Heimarbeit und
Hausierhandel8.

Fürst Friedrich (1776-1838), der seit 1810 das Ländchen regierte, war von tiefen
Zweifeln an der Existenzfähigkeit der kleinen Fürstentümer erfüllt. Seinen liberalpatriarchalischen
Maßnahmen waren durch die wirtschaftliche Lage des Landes, noch
mehr durch die drückende Last der fürstlichen Hausschulden, engste Grenzen gezogen.
Er lebte seinen literarischen und philosophischen Neigungen als ein liebenswürdiger,
melancholischer Duodezfürst, der die Ausweglosigkeit seiner Lage wohl durchschaute
und dem vielleicht gerade deshalb der Wille und die Kraft zu tätigem Handeln fehlten.

Sein Sohn Friedrich Wilhelm Konstantin (1801-1869), der ihm 1838 folgte,
zeigte sich seiner schwierigen Aufgabe noch weniger gewachsen. Er machte sich als
Musikenthusiast und -mäzen in seiner Zeit einen Namen, als Regent war er zwar
wohlwollend, aber schwach und unbeständig; wie sein Vater neigte er zur Resignation.
Seine 1847 verstorbene Frau, Prinzessin Eugenie von Leuchtenberg, eine Tochter Eugen
Beauharnais' und der Auguste von Bayern, erwies sich mit ihrem Privatvermögen als eine
wahre Wohltäterin des Landes; auf sie gehen zahlreiche noch heute bestehende karitative
Einrichtungen zurück9. Durch Beischüsse des Fürsten und durch nachdrückliche
Steuereintreibung begann sich in den vierziger Jahren die Finanzsituation des Landes
allmählich zu bessern. Aber die bäuerliche Bevölkerung blieb bei Fortdauer der
Feudallasten und zunehmender Übervölkerung in ärmlichen Verhältnissen. Etwas
besser lebte es sich in der biedermeierlichen Residenzstadt. »In Erkenntnis des wohltätigen
Einflusses des Gesangs auf die Veredlung des jugendlichen Gemüts«10 hatte der Fürst
nach seinem Regierungsantritt den Singunterricht in den Volksschulen eingeführt,
womit er auch zugleich Nachwuchs für den städtischen Singverein und die Kirchenmusik
erhoffen mochte, denn er machte Hechingen zu einem Zentrum der klassischen
Musikpflege. In seiner Hofkapelle wirkten angesehene Künstler, oft gastierten berühmte
Solisten, so mehrfach Berlioz und Liszt, dem der Fürst den Charakter eines hohenzol-
lern-hechingischen Hofrats verlieh. Das vielgepriesene »orpheische Hechingen« verklärt
die beiden letzten Jahrzehnte der Residenzstadtzeit, der die Hechinger Revolution von
1848 ein Ende setzte. Diese ging jedoch nicht vom städtischen Bürgertum aus und war
auch nicht primär von liberalen oder nationalen Impulsen bestimmt. »Die Hechinger

Hohenzollern-Hechingen und ihre Lösungen. In: Politische Ordnungen und soziale Kräfte im
Alten Reich, hrsgeg. von Hermann Weber (= Veröff. des Inst. f. Europ. Gesch. Mainz, Beiheft
8) Wiesbaden 1980, S. 85-112.

7 Vgl. dazu und zum folgenden die grundlegende, ganz aus den Quellen gearbeitete Untersuchung
von Eberhard Gönner, Die Revolution von 1848/49 in den hohenzollerischen Fürstentümern
und deren Anschluß an Preußen. (= Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 2) Hechingen
1952; Hans Speidel, Der erste Landtag zu Hohenzollern-Hechingen in den Jahren 1835-1836.
In: ZHG 7/8, 1971/72, S. 77-118.

8 Vgl. Ziegler (Anm. 4) S. 27ff.

9 Es sei verwiesen auf den von tiefer Verehrung für seine Heldin geprägten biographischen Versuch
von Anton Heinrich Buckenmaier, Eugenie Fürstin von Hohenzollern-Hechingen. Menschen
und Mächte um eine Stiefenkelin Napoleons t. In: ZHG 1, 1965, S. 1-173.

10 Zitiert ebenda S. 49.

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