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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0023
Hohenzollerischer Geschichtsverein

zitierten Anekdote von einer Predigt zum Ausdruck, mit der ein Pfarrer sich des
Auftrags, die Leute zu beruhigen und ihnen den Segen einer geordneten Verwaltung vor
Augen zu führen, entledigte, indem er begann, er werde heute zu sprechen haben
»darüber, wie sehr wir uns freuen sollen, daß wir preußisch geworden sind, und darüber,
wie wir dies um unserer Sünden willen auch nicht besser verdient haben«39. Bei der
verwaltungsmäßigen Eingliederung wurde der Sonderstatus der »Hohenzollernschen
Lande« - so lautete nun die offizielle Bezeichnung - noch dadurch unterstrichen, daß sie
an keinen Regierungsbezirk und an keine der acht Provinzen angeschlossen wurden. Die
weit vom »Mutterland« abgelegene Exklave mit ihren rund 65000 Einwohnern bildete
einen eigenen Regierungsbezirk, dem insofern sogar eine provinzähnliche Stellung
zukam, als der Regierung in Sigmaringen auch die Verwaltung solcher Angelegenheiten
übertragen wurde, die in den preußischen Provinzen den Oberpräsidenten zugewiesen
waren40. Einige Verwaltungsbereiche wurden jedoch den Provinzialbehörden der
Rheinprovinz zugeteilt. So kam es, daß die hohenzollerischen Soldaten in rheinischen
Garnisonen dienten und die künftigen Lehrer in rheinischen Seminaren ausgebildet
wurden. Die bestehenden zehn hohenzollerischen Oberamtsbezirke wurden zunächst
auf sieben, bald auf vier (Sigmaringen, Gammertingen, Hechingen, Haigerloch) vermindert
; erst die Vereinfachung der Behördenorganisation von 1925 ließ die Kreise
Sigmaringen und Hechingen entstehen. Nach der vollständigen Trennung der Justiz von
der Verwaltung wurde aus dem Land ein einheitlicher Kreisgerichtsbezirk. War das
wesentlich kleinere Sigmaringen als Sitz der Regierung bevorzugt worden, so wurde
Hechingen entschädigt durch das Kreisgericht, das kurioserweise zunächst dem Appellationsgericht
Arnsberg in Westfalen zugewiesen war, bis es 1879 als nunmehriges
Landgericht dem Oberlandesgericht in Frankfurt a. M. unterstellt wurde. In seinem
Aufsatz »Hohenzollern unter preußischer Verwaltung« bestätigt ein sonst höchst
kritischer Zeitgenosse, der damalige Hechinger Kreisrichter und liberale Landtagsabgeordnete
Fridolin Eisele, daß die preußische Staatsregierung bei der Eingliederung »wo
nötig entschieden, im übrigen aber schonend und durchaus wohlwollend und sachgemäß
vorging«41. An zwei Seiten der preußischen Verwaltung hat Eisele aber allerhand
auszusetzen: an der Vernachlässigung des Volksschulwesens und an der Personalpolitik.
Der gebürtige Sigmaringer hebt mit Stolz hervor42, »daß die hohenzollernschen Lande in
der Reihe der preußischen Provinzen, was den Bildungsstand der zum Dienst eingezogenen
Mannschaften betrifft, die erste Stelle einnehmen: seit Einführung der allgemeinen
Wehrpflicht ist aus den hohenzollernschen Landen noch kein einziger Rekrut eingestellt
worden, der nicht hätte lesen und schreiben können«. Zur Zeit der Einverleibung habe

" Anton Bumiller, Aus dem Zollerland. Sigm. (1949) S. 99.

40 Sigmund Graf Adelmann von Adelmannsfelden, Die Grundlagen der Verfassung und des
Verwaltungssystems der hohenzollernschen Fürstentümer. Jur. Diss. Greifswald, 1899, S. 33 ff.;
Franz Graf von Brühl, Artikel »Hohenzollernsche Lande« in Max Fleischmanns Wörterbuch
des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. 21911, S. 418 ff.

41 In Alfred Doves Zeitschrift »Im neuen Reich«, 2. Jg., 1872, Bd. 1, S. 557. Über Fridolin
Eisele, sein späteres Wirken als Rechtshistoriker an den Universitäten Basel und Freiburg i. Br.
sowie seine Bedeutung für die Erneuerung der römischrechtlichen Wissenschaft vgl. NDB 4
(1959) S. 409, sowie Fritz Pringsheim, Römisches Recht in Freiburg nach 1900. In: Aus der
Geschichte (wie Kap. 2 Anm. 16) S. 120.

42 Zit. Eisele (wie Anm. 41) S. 556.

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