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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0024
Kallenberg

das Volksschulwesen in ganz Hohenzollern in höchster Blüte gestanden43, doch seien
seither keine Fortschritte mehr gemacht worden; auch lasse die materielle Versorgung
der Lehrer vieles zu wünschen. Bei der Personalauswahl habe die preußische Verwaltung
oft keine glückliche Hand gehabt, wobei - in diesem Zusammenhang unausgesprochen -
gewiß auch an die vielen neu in das rein katholische Land gekommenen Protestanten
unter der Beamtenschaft gedacht war. Für wenig geeignet hielt Eisele manche »der zu
moralischen Eroberungen nach Schwaben gesandten Persönlichkeiten des höheren und
niederen Beamtenstandes, da dieselben, mit den lokalen Verhältnissen begreiflicherweise
nicht hinlänglich bekannt, vielfach von einer Süffisance erfüllt waren, welche sie
hinderte, sich damit bekannt machen zu wollen. Das führte im Anfang zu mancherlei
scherzhaften Mißverständnissen, aber leider mitunter auch zu sehr ernsthaften Kränkungen
und vorübergehenden Rechtsverletzungen«. Eisele gesteht aber ein, daß in der
Stellenbesetzung vieles besser geworden sei und daß die Bevölkerung inzwischen
Gelegenheit gehabt habe, sich von der Gediegenheit, Tüchtigkeit und Gewissenhaftigkeit
des altpreußischen Beamtenstandes zu überzeugen44.

Die Tatsache, daß das Schicksal Hohenzollerns mit den Erfolgen der preußischen
Armee und Politik eng verbunden war, hatte nach zwei Jahrzehnten gewiß die
überwiegende Mehrheit der Bevölkerung mit dem Übergang an Preußen ausgesöhnt.
Jedenfalls sind die württembergischen Truppen, als sie Ende Juni 1866 als Exekutionsorgan
des Deutschen Bundes Hohenzollern besetzten, nirgends mit Sympathien aufgenommen
worden. Ihre vorschnelle Umbenennung des Hohenzollern in Olgaburg-nach
ihrer Königin -, hatte die Württemberger bei ihrem baldigen Abzug dem Spott, ja der
Lächerlichkeit preisgegeben45. Es muß allerdings offenbleiben, ob im Verhalten der
Hohenzollern 1866 nicht stärker der historische Gegensatz zum württembergischen
Nachbarn und das alte Mißtrauen gegen die terra laudata scribarum zum Ausdruck
kommt, als das Bekenntnis zu Preußen46. Die gemeinsame Entwicklung im deutschen
Nationalstaat seit dem Krieg von 1870 und der Reichsgründung, die stärkere Mobilität
der sich bildenden Industriegesellschaft, der Anschluß Hohenzollerns an das württembergische
Eisenbahnnetz47 und die neuen überregionalen Organisationsformen des
politischen Willens in Parteien haben dann viel zur Entschärfung der nachbarschaftlichen
Gegensätze beigetragen.

43 Ebenda S. 565; vgl. auch Fritz Kallenberg, Die Schulorganisation von 1809 im Fürstentum
Sigmaringen. HJ22, 1962, S. 99-140.

44 Eisele (wie Anm. 41) S. 555.

45 Ludwig Egler (wie Anm.5) S. 283ff.

46 Gönner, (wie Anm. 7), der auf »das wie angeboren wirkende hohenzollerische Ressentiment
gegen Württemberg« hinweist, zitiert zahlreiche Äußerungen aus der hohenzollerischen Presse
der Revolutionszeit, so etwa den gründlichen Haß und die tiefe Verachtung gegen »den
altwürttembergischen Volkscharakter und das gewalttätige Regierungssystem«, die Abneigung
gegen den Staat der »Federfuchser, Tintenrührer und Federkielritter« und den Württemberg
»gleich der Erbsünde angeborenen Hang, aus allen Verhältnissen pekuniären Nutzen zu ziehen«
(S. 172).

47 Die von der württembergischen Staatsbahn angelegte »Hohenzollernbahn« erreichte von
Tübingen aus schon 1869 Hechingen, 1878 Sigmaringen, das allerdings bereits 1873, mit
Fertigstellung der Teilstrecke nach Scheer, einen Bahnanschluß, nämlich die Verbindung mit
Ulm erhielt. Die »Donautalbahn« nach Tuttlingen wurde 1890 eröffnet. Albert Mühl/Kurt
Seidel, Die Württembergischen Staatseisenbahnen. Stuttgart/Aalen 1970, S. 63, 248 f. - Das
innerhohenzollerische Kleinbahnnetz der »Hohenzollerischen Landesbahn« entstand in den
Jahren 1900-1912; vgl. Kuhn-Rehfus (wie Anm. 13) S. 54ff.

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