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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0031
Hohenzollerischer Geschichtsverein

eingesetzt hatte, fiel schon im Juli 1933 den Maßnahmen der nationalsozialistischen
Gleichschaltungspolitik zum Opfer. Nachdem mit dem Kommunallandtag
der demokratische Unterbau ausgeschaltet war, beseitigte das Oberpräsidentengesetz
vom Dezember 1933 auch den Landesausschuß, dessen Rechte in Hohenzollern auf den
Regierungspräsidenten übergingen. Ein ernannter Landesdirektor leitete die Verwaltung
der Selbstverwaltungskörperschaft, die freilich diese Bezeichnung nun nicht mehr
verdiente83. In der Behördenorganisation des Landes gab es keine grundsätzlichen, dafür
umso einschneidendere personelle Veränderungen, wie das Beispiel der Amtsenthebung
des Regierungspräsidenten Dr. Brand beweist.

Von Anfang an schwer betroffen von der NS-Herrschaft wurden die Juden in
Hohenzollern, die seit Jahrhunderten in Hechingen, Haigerloch und Dettensee
ansässig waren. Besonders in Hechingen hatten im 19. Jahrhundert jüdische Familien am
wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt größten Anteil gehabt; sie waren zum Teil schon
vor ihrer politisch-rechtlichen Emanzipation in die bürgerliche Gesellschaft integriert
worden. Diesen beiden Umständen dürfte es zuzuschreiben sein, daß sich gerade in
Hechingen ein Teil der Bevölkerung enschiedener als an anderen Orten gegen die
Judenverfolgungen wandte, freilich ohne die Austreibung der Mitbürger verhindern zu
können84.

Während der Zeit des Dritten Reiches von einer Sonderentwicklung Hohenzollerns
zu sprechen, ist nur bedingt berechtigt. Die Gleichschaltung und Beeinflussung aller
Lebensbereiche durch die zentralen Instrumente des Führerwillens beschränkten den
Handlungsspielraum und das Selbstbewußtsein der Region auf ein Minimum. Alle für
Hohenzollern benennbaren Besonderheiten in dieser Zeit gehen auf zentrale Verfügung
zurück: etwa die Einquartierung der aus Frankreich geflüchteten Vichy-Regierung in
Schloß und Stadt Sigmaringen von September 1944 bis zur französischen Besetzung im
April 194585, oder die Errichtung eines Ölschieferwerkes und eines Konzentrationslagers
kurz vor Kriegsende bei Bisingen86; man könnte auch die Evakuierung verschiedener
Forschungsinstitute der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in den Raum Hechingen/
Haigerloch nennen, die die amerikanische Feindaufklärung langezeit den Aufbau eines
deutschen militärischen Atomforschungszentrums vermuten ließ87. Die Rolle Hohen -

83 Vgl. Mühlebach (wie Anm. 57) S. 15; Konstanzer (wie Anm. 81) S. 5f.

84 Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Stuttg. 1966, S. 11,
66ff., 87ff. bes. S. 94; ders., Dokumente über die Verfolgung der jüdischen Bürger in Baden-
Württemberg durch das nationalsozialistische Regime 1933-1945.2 Bde., Stuttg. 1966, Bd. 1 bes.
S. 286ff., Bd. 2 S. 18ff., 298ff.

85 Vgl. Georg Hüpper in Schwab. Zeitung vom 22., 23. u. 30.4. 1955 (Die französische Fahne
über Sigmaringen); Louis Nogueres, La derniere etape Sigmaringen. Paris 1956; neuerdings
Henry Rousso.Un chäteau en Allemagne. La France de Petain en exil. Sigmaringen 1944-1945.
Paris 1980.

86 Julius Schätzle, Stationen zur Hölle. Konzentrationslager in Baden und Württemberg
1933-1945. (Bibliothek des Widerstands), 1974, S. 64; Hans Peter Müller, Bericht über das
KZ Bisingen. In: HH 28, 1978, S. 55ff.

87 Wie Michel Bar-Zohar, Die Jagd auf die deutschen Wissenschaftler (1944-1960). Berlin 1960
S. 78 f. berichtet, sollen der Generalstabschef der amerikanischen Armee, General George C.
Marshall, und der militärische Leiter der amerikanischen Atomforschung, General Leslie
Groves, vergeblich versucht haben, den Bereich Hechingen/Bisingen/Haigerloch bei der amerikanischen
Besatzungszone zu belassen, damit nicht die Kontrolle über diesen vermeintlichen
Mittelpunkt der deutschen Atomforschung den Franzosen überlassen werden muß. Vgl. auch S.
64ff., 90ff.-Marquard Gulde, Das gefährliche Geheimnis von Haigerloch. In:HH2,1952, S.
10.

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