Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0071
Hohenzollerischer Geschichtsverein

dieser Anfang Dezember 1863 in Sigmaringen das Leben26. Wir wissen zu wenig über
den Gesundheitszustand Roeßlers und nichts über die Rolle Mayenfischs oder Schnells,
zumal Roeßler niemand persönlich für die »ganze Intrique« verantwortlich machen
wollte, um ein Urteil über das Scheitern des Wissenschaftlers in Sigmaringen fällen zu
können. Es ist kaum anzunehmen, daß Roeßlers politische Vergangenheit eine Rolle
gespielt hat.

Karl Anton soll vom Tod Roeßlers tief getroffen worden sein. Noch im Dezember
1863 faßt er den Entschluß, den für die Bibliothek errichteten Neubau für seine
Kunstsammlungen zu bestimmen, und bei der Nachfolge für Roeßler, über die er schon
Anfang Februar 1864 entschieden hat, einen Bewerber zu berufen, der dem Wirkungskreis
Mayenfischs sehr viel näher steht. Karl Anton engagiert den Archäologen Dr.
Friedrich August Lehner (1823-1895), der seine Stelle als Hof bibliothekar und
Konservator nach Ernennung zum Hofrat am 1. Juli 1864 in Sigmaringen antritt27.
Lehner war an der Grenze Hohenzollerns aufgewachsen. Er stammte aus Geislingen bei
Balingen; sein Vater war dort württembergischer Forstwart. Zum Priesterberuf
bestimmt, bezog er das Tübinger Wilhelmsstift, blieb aber nicht bei der Theologie,
sondern wandte sich der Philologie und der Archäologie zu. Nach dem Abgang von der
Universität wirkte er als Erzieher in Stuttgart, München und Wien. Erst 1863 wurde er in
Leipzig mit einer Untersuchung über die frühchristliche Marienverehrung zum Dr. phil.
promoviert. Karl Anton war in Wien, wo Lehner an der Bestandsaufnahme des
österreichischen Museums für Kunst und Industrie tätig war, auf ihn aufmerksam
geworden. Lehner war viel gereist und hatte, besonders in Wien, hervorragende
wissenschaftliche Verbindungen. Gewarnt durch das Schicksal Roeßlers sah sich Karl
Anton genötigt, in Lehner keine falschen Erwartungen über seine Möglichkeiten in
Sigmaringen entstehen zu lassen. Namentlich ist es mir willkommen, so schreibt er an
Lehner in dem Brief, mit dem er ihm die Anstellung zusagt28, wenn Sie die Ihnen
zugedachte Stellung nicht überschätzen und auf den in geistiger Hinsicht sterilen Boden
hinweisen, auf welchem Ihr Wirkungskreis - fern von belehrenden und erfrischenden
Einflüssen - zur Geltung kommen müßte. Und wie beschwörend kehrt er nochmals zu
diesem Thema zurück: Sie treten in einen neuen Kreis von Menschen und Verhältnissen,
denen vermöge ihrer Isolierung ein tüchtiges Maß von Voreingenommenheit und
Kleinstädterei anklebt; Sie werden nur auf sich angewiesen sein und natürlicherweise bei
Niemandem eine geistige Verwandtschaft vorfinden, es müßte denn sein, daß auf dem
Gebiete clericaler Bestrebungen eine Annäherung zu ihrer Person und zu ihrer Stellung
gesucht würde!

Noch ehe Lehner seine Stelle in Sigmaringen antritt, entsteht zwischen Karl Anton
und Lehner ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis, das in ihrem Briefwechsel einen
eindrucksvollen Niederschlag findet. Auf Lehners Darstellung seiner persönlichen
Auffassungen im Zusammenhang mit seiner Bewerbung antwortet ihm der Fürst: Ihr
politisch-religiöses Expose hat mich vollkommen befriedigt und wir stehen auf dem

26 Ebd. S. 43.

27 Kaufhold (wie Anm. 2) S. 173. Vgl. Hans Lehner, Dr. Friedrich August Lehner. Fürstlich
Hohenzollerischer Hofrat, Bibliothekar und Museumsdirektor 1864-1894. In: ZH 2, 1933, S.
24-27.

28 Karl Anton an Lehner, 2.2. 1864 aus Düsseldorf; wie Anm. 3.

69


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0071