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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0143
Junginger Audienzprotokolle 1751-1775

Wirtshaus bildet den Rahmen für ausgelassene Geselligkeit, die aber oft unter dem
Einfluß von Alkohol in die Entladung angestauter Aggression umschlägt. Das Bedürfnis
der Dorfgenossen nach Bierseligkeit hat jedoch häufig Folgen für die Wirte, wenn z. B.
die Polizeistunde überschritten wird. Sylvester Riester wirth zu Jungingen hat über
die Zeit spielleuth gehalten (1764), heißt dann der lapidare Eintrag; dahinter steht die
Strafe: 3 Pfd. Heller. Auch die Wirte Adam Glamser und Martin Riester, Beck, haben
während der Feiertage (Weihnachten/Neujahr 1764/65) in ihren Häusern über die Zeit
spielen lassen. 1769 hat einmal die Rössle-Wirtin zu lange tanzen lassen. 1771 zechen
ledige Burschen in des Bierwirts A. Glamsers Haus bis 12 Uhr, obwohl sie vom
Nachtwächter heimgeschickt worden sind. Zwei von ihnen, Joseph Riester und Remigius
Glamser, werden beschuldigt, in derselben Nacht den Karren des Alt Joseph
Bumiller umgeworfen und beschädigt zu haben. Sie werden in den Turm gesperrt; nach
zwei Tagen gesteht Joseph Riester. Seine Strafe beträgt 10 fl. Öfters gibt es in den
Gasthäusern auch S c h e 11 - und S c h 1 a g h ä n d e 1, besonders Auswärtige bekamen den Zorn
der Junginger zu spüren: 1757 trifft es im Haus des Vogts (Rössle) auswärtige Jäger; an
der Schlägerei sind Michel Speidel, der Säger, des Vogts Sohn Fideli und der Wirt Adam
Glamser beteiligt. 1765 wird auf dem Adler Joseph Flad, Beck von Hausen, blutig
geschlagen; des Wirts Sohn Michel hatte hier für 'Ordnung' gesorgt. - Beispiele, daß man
durch Jungingen nicht nur - wie der Vers will - ungefoppt, sondern zuweilen auch
ungeschlagen nicht durchkam.

Auch auf dem Feld und auf der Straße fanden Prügeleien statt. Wegen des Vorwurfs
des Überackerns schlägt sich Stephan Bumiller mit Ursula Riesterin (1769). Adam
Glamser beschwert sich, Franz und Johann Bosch hätten seine Tochter in den Bach
werfen wollen und seine Frau ohnmächtig geschlagen (1767). Johann Winter, Paul und
Sylvester Bumiller haben 1752 eine bettelnde Jüdin auf der Straße geschlagen.

Es gibt unzählige Fälle von Beleidigung. Meist sind es wenig erwähnenswerte
Beschimpfungen, die einem ein Lächeln abverlangen, aber ganz besonders Schümm ist es
natürlich, wenn der Vogt beschimpft wird durch den Zimmergesellen Conrad Kohler
(1763) oder gar der Herr Pfarrer Stengele durch Franz Bosch, der dafür 20 Reichstaler
bezahlen muß. Einen Fall von 1772 möchte ich wörtlich zitieren, weil er in unfreiwilliger
Komik belegt, wie wenig die Kanzleisprache mit dem dörflichen Umgangston zurecht
kommt. Michel Speidel von Jungingen der Säger hat zu Heinrich Haifl gemeldet, daß
ihme die Grundhirnen von denen jungen Mädl so in das Württemberger Land handeln,
heraus gethan worden seyen, und unter welchen sich auch des Becken Martin Riesters
Wittibs Mädl befunden. ...Elisabetha Riesterin hat eben aus gelegenheit diser ibro
bezüchtigten grundbieren-Entwendung den Heinrich Haiß als einen Kahlkopfigen
Schelmen gescholten, welche Scheltung auch das Mensch nicht in Abred stellen kann. Sie
wurde dahero eine Stund lang in das Häusle gesperrt.

Ansonsten gibt es Fälle des Verstosses gegen das Sonntagsgebot, Fälle von
Flurschaden, Obst und Fruchtdiebstähle (Joseph Bumiller Beck hat nächtlicher
Weil dem Meyer auf dem Weiler Hof 3 Kraut-Köpf aus seinem Garten genommen, 1758;
Severinus Riester geht 1764 dem Pfarrer an die Zwetschgen).

Bezeichnend für die Strenge, mit der man schlechten Umgang mit kostbarer
Feldfrucht ahndete, ist folgender Fall: Caspar Bosch und Christian Haiß, ledig, hatten
1766 pfälzischen Fuhrleuten, die Frucht nach Überlingen brachten, Löcher in die Säcke
geschnitten. Caspar Bosch sei bekannt fürs Spielen und Schuldenmachen und dem Vater
ein widerspenstiger Bursch. Er wurde zu sechs Jahren Militär verurteilt: beim bayerischen
Reg. in Laiz; Christian Haiß erhielt vier Wochen Handarbeit.

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