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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0192
Neues Schrifttum

Handbuch der Europäischen Geschichte. Hrsg. von Theodor Schieder. Bd. 1: Europa im Wandel
von der Antike zum Mittelalter. Hrsg. von Theodor Schieffer. Stuttgart: Klett 1976.

Das Buch, eine Gemeinschaftsleistung von dreizehn Fachgelehrten, deren Beiträge Th. Schieffer
mit souveräner Hand zu einem Kompendium von großartiger Geschlossenheit zusammenfaßte,
behandelt auf wenig mehr als 1000 Seiten sieben ereignisschwere Jahrhunderte europäischer
Geschichte - die Zeit von der ausgehenden Antike (um 400) bis ins beginnende 11. Jahrhundert.
Gegenstand der gelehrten Arbeit ist nicht allein die Staaten- und Kulturgemeinschaft des germanisch
-romanischen Kern-Europas; in die Betrachtung einbezogen werden überdies der Eintritt der
skandinavisch-nordgermanischen Seefahrer in die europäische Geschichte, der Einbruch des Islam,
Staat, Kirche und Kultur des griechisch-orthodoxen Byzanz sowie die politisch-kirchliche Grundlegung
des östlichen Europas (einschließlich Rußlands) durch die Slawen. In den weitgespannten
Beiträgen geht es nicht allein um die Rekonstruktion quellenmäßig belegter Tatsachen, sondern
auch um Fragen einer gemeineuropäischen Wertbasis, um geistig-kulturelle und staatlich-politische
Differenzierungen, die die Gleichzeitigkeit von Einheit und Vielheit in der Geschichte Europas
ausmachen.

Der Band, alles andere als eine Addition selbständiger Teilgeschichten, ist so angelegt, daß die
Geschichte Europas in ihren Verkettungen, Gegensätzen und Widersprüchen erkennbar wird. Daß
sich die Einzelbeiträge wie Bauelemente eines eindrucksvollen Gesamtbildes ausnehmen, ist
vornehmlich das Verdienst des Herausgebers Th. Schieffer. Er hat die Beiträge der einzelnen
Autoren nicht nur mit einer Fülle von Querverweisen ausgestattet, um den Leser auf Zusammenhänge
aufmerksam zu machen; er schrieb auch übergreifende Dachkapitel (Europa im Wandel von
der Antike zum Mittelalter; Voraussetzungen und Grundlagen der Europäischen Geschichte; Die
wirtschaftlich-soziale Grundstruktur des frühen Europa), die die Geschichte des frühmittelalterlichen
Europas als einen Zeitabschnitt mit gemeinsamen Grundzügen in den Blick bringen. Indem
der Verfasser die wirtschaftlich-sozialen Grundstrukturen Europas beschreibt, über Kontinuitäten
und Formverwandlungen in Kultur und Kirche aufklärt, den Weg von der römisch-griechischen
Einheit der Spätantike bis zur Bildung des fränkischen Großreiches und dessen Ausdifferenzierung
zu einem lockeren, in wesentlichen Teilen bis zur Gegenwart fortbestehenden poütischen Ordnungsgefüges
Europas nachzeichnet, gibt er dem Leser einen Ordnungs- und Orientierungsrahmen
an die Hand, der diesen davor bewahrt, in der Unsumme geschichtlicher Daten den Überblick zu
verlieren. Schieffers Leitkapitel bestechen durch wohltuende Nähe zum Gegenstand, durch
sprachliche Prägnanz, durch eine beneidenswerte Kraft zur Verallgemeinerung und Synthese.
Seiner Betrachtungsweise liegt das Bemühen zugrunde, sowohl der Eigenständigkeit als auch der
strukturellen Bedingtheit historischer Phänomene gerecht zu werden. Den Geschichtsverlauf
dividiert er nicht in isolierte Sektoren und Entwicklungsstränge auseinander, sondern sucht die
wechselseitige Verflechtung von politisch-dynastischen, wirtschaftlich-sozialen und kulurell-
kirchlichen Faktoren erkennbar zu machen. Gleichzeitig warnt er jedoch vor der Konstruktion
struktureller Zwangsläufigkeiten und plädiert für die grundsätzliche Offenheit des geschichtlichen
Geschehens. Es wäre grundsätzlich verfehlt, betont Schieffer, neben dem strukturbedingten
'Prozeß' die (erstrittene, erlittene oder einfach eingetretene) »Entscheidung* übersehen zu wollen
(S.30).

Das Handbuch will für die jeweils behandelten Bereiche den letzten Stand des Wissens
vermitteln; es will aber auch ein praktisches, d.h. praktisch zu benutzendes Werk sein und dem
Lernenden und Suchenden nicht nur im ganzen, sondern auch bei Einzelheiten dienen (S. 19).
Welche Dienste vermag es demjenigen zu leisten, der nicht so sehr an einer universellen
Gesamtschau der europäischen Vergangenheit interessiert ist, sondern vielmehr wissen möchte, wie
seine heimatliche Region in der Zeit geworden ist? Daß in dem interessanten »opus magnum«
zahlreiche Detailinformationen gespeichert sind, die durch ein ausführliches, sorgfältig gearbeitetes
Namen- und Sachregister je nach Erkenntnisinteresse abgerufen werden können, versteht sich von
selbst. Der im deutschen Südwesten tätige Landeshistoriker wird sich insbesondere durch die
Beiträge von R. Wenskus und E. Ewig über germanische Herrschaftsbildungen und das merowingi-
sche Frankenreich, von Th. Schieffer über die Geschichte von Kirche und Mönchtum im frühen
Mittelalter sowie die über Entstehung und den Zerfall des Karolingerreiches, von K. Reindel über

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