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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0193
Besprechungen

das liudolfingische und frühsalische Königtum und Kaisertum anregen und belehren lassen. Das
Handbuch wird ihm aber auch deshalb wertvoll und nutzbringend sein, weil es sachliche und
methodische Perspektiven aufzeigt, die seine Arbeit bereichern. Durch geraffte Zusammenfassungen
über Entwicklungen, Knotenpunkte und Strukturveränderungen in Staat, Kirche und
Gesellschaft vermittelt es Fragestellungen, Gesichtspunkte und Orientierungen, die es ermöglichen
, Teilbereiche des geschichtlichen Lebens mit universelleren Strukturen und Prozessen zu
verknüpfen. Detail- und Spezialforschung, die nicht in einem allgemeineren Horizont betrieben
wird, gerät in Gefahr, auf die Dauer kurz- und schwachsichtig zu werden. Die Lektüre oder
fallweise Benutzung des Buches könnte dazu ermuntern, das Allgemeine, das als Bedingung,
Hintergrund und Rahmen lokale Vorgänge stets mitzubedenken ist, nicht aus dem Auge zu
verlieren.

Bielefeld Klaus Schreiner

Gregor Richter: Lagerbücher- oder Urbarlehre. Hilfswissenschaftliche Grundzüge nach württembergischen
Quellen. Stuttgart: Kohlhammer 1979. 184 S. (Veröffentlichungen der Staatlichen
Archiwerwaltung Band 36).

Mit diesem Buch, in jeder Hinsicht eine Novität innerhalb der historischen Hilfsdisziplinen, will
der Verfasser, die eigenständige hilfswissenschaftliche Sonderdisziplin der Amtsbücherlehre theoretisch
begründen und am Beispiel der Lagerbücher praktisch erproben. Die versuchte theoretische
und methodische Grundlegung der Amtsbücherlehre führt in vieler Hinsicht auf wissenschaftliches
Neuland bzw. auf ein lange vernachlässigtes Gebiet. Die letzte systematische Betrachtung über
Urbare erschien vor reichlich acht Jahrzehnten, im Jahr 1898 in den Sitzungsberichten der Wiener
Akademie der Wissenschaften, obwohl die wissenschaftliche Edition und Auswertung der Urbare
nie abgerissen ist und in den letzten Jahrzehnten sogar bedeutende Fortschritte gemacht hat. Auf
dem Gebiet der hilfswissenschaftlichen Orientierung über urbariales Schriftgut und seine Standortbestimmung
innerhalb der Archivalienkunde bestand daher ein erheblicher Nachholbedarf.
Weshalb ein solches Wissensdefizit eintrat, erhellen die theoretischen Ausführungen des Verfassers,
ohne daß er dezidiert die Wurzeln des Übels bloßlegt. Seit Jahrzehnten diskutiert die einschlägige
Archivwissenschaft über die eigenständigen Schrifttumskategorien, war aber - teilweise ganz
offensichtlich aus unzureichender Beschäftigung mit dem Gegenstand - nicht bereit, die Amtsbücher
als eine eigene Archivaliengruppe anzuerkennen. Nur für Urkunden und Akten glaubte man,
hinreichende Unterscheidungsmerkmale zu besitzen, dann aber schieden sich die Geister. Infolgedessen
beschäftigte sich die Archivalienkunde vorrangig mit Urkunden und Akten, während sie die
Amtsbücher, gewöhnlich beiden Gruppen zugeordnet, vernachlässigte. Richter gebührt erstmals
das Verdienst, durch seine umfassende Untersuchung urbarialer Quellen die bisherige Enge der
archivwissenschaftlichen Diskussion gesprengt und die Eigenständigkeit der Amtsbücher erkannt
und begründet zu haben. Sie ergibt sich aus ihrem Ganzheitscharakter und ihrer Funktion, nicht nur
Hilfsmittel der Verwaltung, sondern einzigartiger Niederschlag und Grundlage von Geschäftsführung
und Verwaltung gewesen zu sein, bis sie, soweit Urbare, durch die Kataster des 19.
Jahrhunderts abgelöst wurden. Amtsbücher, so definiert Richter, sind Einheiten von buchmäßig
angelegten Verzeichnissen, Niederschriften oder sonstigen aufeinanderfolgenden Aufzeichnungen
rechtserheblichen oder nicht rechtserheblichen Inhalts. Wie wenig Amtsbücher mit Urkunden und
Akten zu identifizieren sind, erhellt im Grunde der der Geschichtsschreibung seit langem geläufige
Sachverhalt, daß in Amtsbüchern Rechtszustände notifiziert werden, wie sie in vergleichbar
einmaliger und umfassender Weise weder in Urkunden noch Akten überliefert sind. Das Nichtvorhandensein
von urbarialen Auf zeichnugen oder ihr Verlust bedeutete demzufolge auch Verlust sehr
weiter und wichtiger Partien unserer Geschichte, müßte der unverzichtbaren Dokumentation der
Massenhaftigkeit der Sozialbeziehungen zwischen Herrschaft und Untertanen entbehren.

Als Quellenbasis dient dem Verfasser der riesige Amtsbücherbestand des Hauptstaatsarchivs
Stuttgart, württembergisches Quellenmaterial also. Die unübersehbare Masse von etwa 15000
Bänden, vom 12. bis 19. Jahrhundert reichend, konnte freilich nur in stichprobenartiger Analyse

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