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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1980/0146
Werner

Synagoge im Innern vollständig demoliert wurde. So konnten nur die Hunnen zerstören.
Sicherlich wäre das Gotteshaus in Brand aufgegangen, wenn nicht Gefahr für die eng
angebauten Häuser bestanden hätte. Um 6 Uhr morgens war alles vorüber, die Horde in
Zivil zog ab; jüdische Privatwohnungen wurden nicht heimgesucht, nur die Schaufenster
im Geschäfte von Otto Hofheimer wurden eingeschlagen. Ich schaute auf die Straße
(Goldschmidtstraße) hinaus und sah, wie städtische Arbeiter Gebetbücher, Talisim,
Zylinder etc. durch die eingeschlagene Synagogentüre wieder in die Synagoge schaufelten.
Viel Volk stand auf der Straße und schaute sich die ,Sache' näher an, die einen mit
hämischem schadenfrohen Blick, die anderen, aber es waren nur wenige, schlugen die
Hände zusammen und .dachten sich ihr Teil'.

Die eingeschlagenen Türen, Fenster wurden mit Brettern zugenagelt, und damit hörte
die Synagoge auf, ein Gotteshaus zu sein; es war eine Ruine, und man kann sagen, daß
damit die alte, ehrwürdige Jüdische Gemeinde Hechingen aufgehört hatte, zu existieren
.97

Auf Befehl der Außendienststelle der Geheimen Staatspolizei sollte der Landrat noch
in der Nacht die Verhaftung von 15 tunlichst reiche(n) Juden anordnen. Die Wahl fiel auf
sieben Hechinger und acht Haigerlocher Juden. Der Landrat zog die für die Verhaftung
in Hechingen benötigten Gendarmen auf dem Rathaus zusammen und gab dort (im
Benehmen mit dem Stellvertreter des abwesenden Bürgermeisters) die für die Durchführung
der Verhaftung erforderlichen Weisungen. Unter den in Hechingen verhafteten
Juden befand sich auch Leon Schmalzbach, der noch wenige Tage vorher seine erkrankte
80jährige Mutter in München besucht hatte. Die Inhaftierten wurden zunächst in das
Amtsgerichtsgefängnis Hechingen eingeliefert und von der Geheimen Staatspolizei in
das Konzentrationslager Dachau überführt.98

Am 18. November 1938 wurden sämtliche Archivgegenstände im israelitischen
Gemeindehaus und in der Synagoge in Hechingen beschlagnahmt. Die silbernen und
versilberten Gegenstände wurden unter besonderen Verschluß genommen. Sämtliche
Gegenstände wurden im Handwerkerraum der Berufsschule verwahrt.

Ein jüdischer Augenzeuge berichtet:

Ungefähr acht Tage später kamen eines Morgens zwei Schutzleute und einige
städtische Arbeiter ins Gemeindehaus, übergaben ein Schreiben des Bürgermeisters, daß
alle Bücher, Akten etc., alles, was Eigentum der jüdischen Gemeinde ist, beschlagnahmt
sei, und ich die Schlüssel auszuliefern habe. Alles was im Gemeindezimmer und im
Schulsaal aufbewahrt war, wurde auf einen Wagen geladen und in die Städtische
Gewerbeschule gebracht, selbstverständlich auch die 23 Torarollen, der Silberschmuck
und die sämtlichen kostbaren Vorhänge (Borochis). Ich protestierte gegen die Beschlagnahme
der Bibliotheksbücher, welche ja nicht der jüdischen Gemeinde gehörten, aber es
half mir nichts. Auch den Kassenschrank mußte ich öffnen, und das Geld, welches ich
zählte, sowie alle Bücher und Akten in demselben wurden beschlagnahmt.

Bemerken muß ich, daß die Sparkassenbücher und das Bargeld am gleichen Nachmittag
zurückgegeben wurden."

Nach einem als .Geheim!' zu behandelnden Schreiben der Geheimen Staatspolizei /
Staatspolizeileitstelle Stuttgart / Außendienststelle Sigmaringen vom 8. Dezember 1938

97 Carl Hamburger, Die Geschichte der Jüdischen Gemeinde nach dem 10. 11. 1938. Handschrift
. 9 S. - CAHJP Inv. Nr. 1014/9

98 Vgl. hierzu die Dok. unter Anm. 96, 1. und 2.a sowie Anm. 97

99 Carl Hamburger, (wie Anm. 97)

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