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Elbs

bestehen konnte, daß Widerstand gegen die Obrigkeit nicht nur verboten war, sondern
auch alle Maßnahmen bereitgestellt waren, die das Zusammenspiel der territorialen
Obrigkeiten gegen den Aufruhr der Untertanen sicherstellten«327, zum anderen die
Constitutio Criminalis Carolina von 1532, die in Art. 132 Aufruhr mit Todesstrafe oder
Landesverweisung bedrohte, ferner der Reichsabschied von 1548 und schließlich die
Reichsexekutionsordnung von 1555, die noch einmal das Verbot des Widerstands gegen
die rechtmäßige Obrigkeit betonte.

Diese eindeutige Kriminalisierung des Widerstands fand ihren Niederschlag auch in
den verschiedenen Landes- und Polizeiordnungen des 16. Jahrhunderts. So enthielt auch
die Landesordnung der Grafschaft Zollern von 1580 einen Artikel, der für das Austreten
als eine Form des Widerstandes die Beschlagnahme aller verlassen hab undgueter, nichzit
außgenohmen noch hindan gesetzt32* androhte.

Neben dieser Kriminalisierung von Widerstand läßt sich jedoch im 16. Jahrhundert
als zweite Entwicklung die Einräumung von Klagemöglichkeiten der Untertanen gegen
ihre Obrigkeiten beim Reichskammergericht und Reichshofrat feststellen. Diese »Ver-
rechtlichung sozialer Konflikte«329, die von den Untertanen - zumindest nach Ausweis
der Zahl nachweisbarer Untertanenprozesse330 - als Möglichkeiten des Konfliktaustrags
durchaus genutzt wurden, verweist nach Schulze auf eine Lernprozeß der feudalen
Schichten, der darauf hinauslief »ungeachtet der bestehenden Kriminalisierung ... den
Konflikt zwischen Herrschaft und bäuerlichen Untertanen zu normalisieren, um somit
die bei bewaffneten Formen der Konfliktlösung unvermeidlichen Menschen- und
Sachwertverluste zu verhindern« .

Anders dagegen deutet Troßbach dies als Strategie der feudalen Schichten, durch
formale Verrechtlichung eine Form der Konfliktbehandlung zu etablieren, die geeignet
war, Konflikte kleinzuarbeiten und Tendenzen zur Ausweitung von Konflikten zu
unterbinden, somit durch die Behandlung des Konflikts bäuerlichen Widerstand zu
limitieren und so Verrechtlichung als Integrationsstrategie zu betreiben: »Durch den
Mechanismus der formalen Verrechtlichung wurden Konflikte auf den Status quo fixiert,
zusätzlich sollte die systemzerstörende Form des Konfliktaustrags, eskalierende Gewalt
und ein prinzipiell antifeudales Bewußtsein ausgeschaltet werden«332. Auch wenn man
die Troßbachsche Interpretation akzeptiert, ist jedoch festzuhalten, daß diese Strategieso
bereits Troßbach333 - nur in Grenzen funktionieren konnte, und sich bis ins 18.
Jahrhundert Fälle des Scheiterns dieser Strategie finden lassen.

Zudem mußte im konkreten Einzelfall, da diese Verrechtlichung ja einen Eingriff von
Reichsinstanzen in das territorialstaatliche Herrschaftssystem bedeutete, diese Form der
Konfliktbehandlung zumeist gegen (absolute) Machtansprüche von Territorialfürsten
erst durchgesetzt werden. Daß sich derartige Machtansprüche im späten 16. Jahrhundert
, als diese Form der Konfliktbehandlung noch relativ neu und das Verfahren noch

327 Ebenda S. 73.

328 Zitiert nach Mauz, Erste Landesordnung (wie Anm. 113), S. 76.

329 Diese These wurde entwickelt von Winfried Schulze, Die veränderte Bedeutung sozialer
Konflikte im 16. und 17. Jahrhundert, in: H.-U. Wehler (Hg.), Der deutsche Bauernkrieg
1524-1526 (= Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft 1). Göttingen 1975, S. 277ff.

330 Schulze, Bäuerlicher Widerstand (wie Anm. 7), S. 83 ff.

331 Schulze, Die veränderte Bedeutung (wie Anm. 329), S. 281.

332 Trossbach, Landesherr und Bauer (wie Anm. 324), S. 167 f.

333 Ebenda S. 138 ff.

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