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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0024
Agathe Kempf

durch Satzungsänderungen wesentlich beschnitten und seine Wirkungsmöglichkeiten sehr
eingeengt.42.

Seine Aktivitäten und seine Bedeutung für das Gewerbe können keineswegs mit der der
Zentralstelle für Handel und Gewerbe in Stuttgart verglichen werden, welche am Aufbau des
Gewerbes und der Industrie Württembergs eine große Rolle gespielt hat.43.

Erst im Jahr 1900 - also recht spät - wurde für Hohenzollern eine Handwerkskammer
gegründet44. Ihre Mitglieder wurden von den Gewerbevereinen gewählt45. Die geringe
Bedeutung, die man ihr zunächst beimaß, läßt sich an der Unterbringung in einem Privatzimmer
bis 1911 erkennen46.

Ihre Aufgaben umfaßten das Lehrlingswesen (Lehrzeit, Lehrgeldbeiträge an bedürftige
Lehrlinge, das gewerbliche Schulwesen, die Fürsorge für die gewerbliche Jugend), das
Gesellenwesen (Vorbereitungskurse für Gesellen- und Meisterkurse, Zuschüsse zum
Fachschulbesuch, Ehrenbriefe an Gesellen für lange Treue zu einem Meister), die Aufsicht über
die selbständigen Handwerker (Abnahme der Meisterprüfungen, Handwerkerübungskurse,
die Ehrung alter Handwerksmeister) und das Vereins- und Genossenschaftswesen47.

Die Sigmaringer Handwerkskammer trat, soweit aufgrund der eingesehenen Akten nachprüfbar
war, für das Oberamt Haigerloch besonders zum Schutz der Lehrlinge auf. Sie achtete
streng auf die Einhaltung der Lehrverträge. Im Jahr 1904 gab es fünf Beanstandungen in
Haigerloch, weil keine Lehrverträge abgeschlossen bzw. nicht bei der Handwerkskammer
gemeldet worden waren. Auch 1910 hatte die Handwerkskammer Grund, bei den Haigerlocher
Handwerkern einzugreifen. Der Sattlermeister Andreas Stiefel und der Konditormeister Anton
Maier beschäftigten ihre Söhne als Lehrlinge, und diese waren nicht in der Lehrlingsrolle der
Handwerkskammer in Sigmaringen eingetragen. Die Handwerkskammer verhängte nach den
Vorschriften zur Regelung des Lehrlingswesens in Handwerksbetrieben eine Strafe von je einer
Mark. 1911 beanstandete die Handwerkskammer, daß in Haigerloch der Friseur Jung und der
Buchdrucker Stail Lehrlinge ausbildeten, obwohl sie keine Meister waren. Das Bürgermeisteramt
Haigerloch äußerte dazu, daß solche Fälle in Hohenzollern des öfteren vorkommen
würden .

Die Handwerkskammer nahm, wie die oben angeführten Beispiele zeigen, eine wichtige
Kontrollfunktion im Lehrlingswesen ein. Durch ihre Überwachung setzte sie dem recht
selbständigen Schalten und Walten der Lehrmeister über ihre Lehrlinge Grenzen und sicherte
letzteren eine einigermaßen geregelte Ausbildung.

Gelungene Projekte der Gewerbeförderung hatte Hohenzollern nur wenige aufzuweisen.
Dies mag u. a. daran liegen, daß die beiden Staaten Hohenzollern-Hechingen und Hohenzol-
lern-Sigmaringen in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts arme Länder waren. Die
öffentlichen Lasten und Abgaben drückten die Bevölkerung sehr. Zudem waren die Agrarpreise
niedrig.

Die Bauern wurden in ihrer Gutgläubigkeit und Unerfahrenheit in finanziellen Angelegenheiten
von skrupellosen privaten Kreditgebern und Wucherern bedenkenlos ausgenützt. Ein

42 Heinzler (wie Anm. 22) S. 133 ff. Kessler (wie Anm. 13) S. 43 f.

43 Vgl. Gehring (wie Anm. 7) S. 246 ff.: Wirken der Zentralstelle für Handel und Gewerbe in Stuttgart.
Eine besonders günstige Entwicklung nahm die württembergische Industrie unter König Wilhelm I., der
wirtschaftspolitisch liberal gesinnt war.

44 Festschrift zur Eröffnung des Handwerkerheims für Hohenzollern, zugleich Jahresbericht der
Handwerkskammer für 1910/11. Sigmaringen 1911, S. 3.

45 Wiest (wie Anm. 33) S. 147.

46 Festschrift und Jahresbericht (wie Anm. 44) S. 3.

47 Jahresbericht der Handwerkskammer Sigmaringen für 1910/11, zugleich Rückblick auf die 10jährige
Tätigkeit 1900-1910. Sigmaringen 1911, S. 31 ff.

48 SAS, Ho 202, POAH 1303.

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