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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0088
Agathe Kempf

benachbarten Orten ansässig waren379. Nebenbei betrieben die meisten Arbeiter von Karlstal
eine Landwirtschaft oder halfen zumindest auf Höfen von Verwandten aus. Fremde und
Ausländer wurden auch nun kaum beschäftigt380.

Arbeiterwohnungen bestanden für die Beschäftigten von Karlstal nicht, weil diese nicht
benötigt wurden, denn die meisten Arbeiter konnten abends heimgehen. Es gab auf dem
Fabrikgelände nur Wohnungen für den Verwalter, den Buchhalter und den Spinnmeister (vgl.
Kap. 3.5.1.).

Die Arbeiter erhielten keine Beteiligung am Reingewinn381.

Weil die Fabrik abseits einer Ortschaft gelegen war und der Weg nach Hause für die Arbeiter
zu weit gewesen wäre, nahmen sie das Mittagessen im Speisesaal der Fabrik ein382. Die Mahlzeit
wurde ihnen von Kindern zugetragen. Nur diejenigen, die in Karlstal selbst und einige, die in
Haigerloch wohnten, gingen über Mittag nach Hause. Zur Vesperzeit vormittags und
nachmittags wurden die Arbeiter auch vom Wirt der naheliegenden »Wirtschaft zum Carlsthal«
versorgt .

In nebenstehender Tabelle werden die Arbeiterzahlen der Baumwollspinnerei Karlstal von
Mitte der 1870er Jahre bis zum 1. Weltkrieg nach der Altersstruktur aufgeschlüsselt wiedergegeben
, soweit die Werte eruiert werden konnten.

Im Jahr 1874 betrug die tägliche Arbeitszeit in Karlstal zwölf Stunden, im Jahr 1892 elf
Stunden und an Tagen vor Sonn- und Feiertagen 10 Stunden384. Im Februar 1895 berichtete der
Haigerlocher Oberamtmann dem Regierungspräsidenten in Sigmaringen, daß in... der Spinnerei
Carlsthal bei Haigerloch eine die Gesundheit schädigende Beschäftigung der Arbeiter nicht
stattfindet™. In diesem Jahr dauerte ein Arbeitstag in Karlstal wie 1892 elf Stunden. Seit dem 1.
Januar 1900 wurde der Achtstundentag für alle Arbeiter an Vortagen von Sonn- und Feiertagen
bei Meyer eingeführt. An den normalen Wochentagen blieb die bisherige Regelung des
Elf Stundentages386.

Der Zehnstundentag hielt in Karlstal bei gleichzeitgem Ausgleich des Lohnausfalls für eine
Stunde durch eine 10%ige Lohnerhöhung im Jahr 1907 Einzug. Ferner wurden für einige
Arbeitskategorien die Löhne wesentlich erhöht387. Damit war Meyer der gesetzlichen Regelung
voraus: Für Frauen wurde der Zehnstundentag mit dem Änderungsgesetz zur Gewerbeordnung
vom 28. Dezember 1908 mit Wirkung vom 1. Januar 1910 eingeführt. Gleichzeitig wurde
die Arbeitszeit an Tagen vor Sonn- und Feiertagen auf acht Stunden begrenzt388. Für männliche
Arbeitskräfte gab es im Betrachtungszeitraum kein diesbezügliches Gesetz. Erst im Jahr 1923
wurde die Arbeitszeit auch für Männer gesetzlich eingeschränkt389.

Der durchschnittliche Lohn aller Arbeiter von Karlstal betrug im Jahr 1873 pro Woche 5 fl
12 xr390. Diese Angabe kann nur ein allgemeiner Anhaltspunkt sein, da weiblichen Beschäftigten
ein niedrigerer Lohn bezahlt wurde als männlichen. Auch sind aus obiger pauschalen Zahl
die breit gestreuten Tätigkeiten und die daraus resultierenden unterschiedlichen Lohnsätze

379 Ebd. Ho 202, POAH 4795.

380 StAH, 517/4795.

381 SAS, Ho 235, Pr. Reg. I, VI, P, 921 vol. I.

382 Ebd. P, 889.

383 StAH, 517/4795. Vgl. FAS, NVA 26916.

384 StAH, 517/4795 (für 1892). SAS, Ho 235, Pr. Reg. I, VI, P, 921 vol. II (für 1874).

385 SAS, Ho 235, Pr. Reg. I, VI, E, 219.

386 Ebd. P, 921 vol. IV.

387 Ebd. Ho 202, POAH 283. StAH, 517/4795.

388 Ebd. Ho 235, Pr. Reg. I, VI, T, 927 vol. I.

389 Vgl. auch die Tabelle der Überstunden für weibliche Arbeitskräfte.

390 SAS, Ho 235, Pr. Reg. I, VI, E, 232 vol. II. Trotz der Einführung der einheitlichen Mark-Währung im
Deutschen Reich sind die Lohnbeträge noch in Gulden angegeben.

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