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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0143
Rechtspflege in Hohenzollern

Ämter allerdings ein Gant- oder Schuldverfahren nur mit Bewilligung des Hofgerichts
eröffnen243.

Im Unterschied zu den Hechinger Verhältnissen hatten die Amter auch die Zuständigkeit
für den Erlaß von Zahlbefehlen244.

B.3.2.1.3 Strafrechtspflege

In Strafsachen beschränkte sich die Zuständigkeit der Ämter im wesentlichen darauf, die
Untersuchung zu führen, den Entwurf eines Strafurteils zu fertigen und ihn mit den Akten der
für das eigentliche Straferkenntnis zuständigen Stelle (Appellationsgericht, Hofgericht, Regierung
) vorzulegen245. Im Jahre 1830 ergingen dann nähere Anweisung für dieses Untersu-
chungs- (Inquisitions)Verfahren: z.B. Führung der Untersuchung durch den Amtsvorstand
selbst, Beiziehung eines vereideten Protokollführers und - nämlich bei schwerer wiegenden
Kriminalfällen - von zwei Beisitzern aus dem Ortsgericht. Diese im übrigen zur Verschwiegenheit
verpflichteten und zu vereidigenden Gerichtsbeisitzer mögen in gewisser Hinsicht als
Vorläufer unserer heute im Strafverfahren mitwirkenden Schöffen und Geschworenen zu
betrachten sein. Sie hatten jedoch wie auch der Untersuchungsführer selbst nicht die Befugnis,
die Schuld- und Straffrage zu entscheiden oder wenigstens mitzuentscheiden. Ihre Funktion
war lediglich überwachender Natur. Sie hatten darauf zu achten, daß alles vollständig und
genau niedergeschrieben werde, gegebenenfalls ihre Unterschrift unter das Protokoll zu
verweigern und zu verlangen, daß ihre Bemerkungen dem Hofgericht vorgelegt würden246.

In minder bedeutenden Sachen der sogenannten bürgerlichen Strafgerechtigkeitspflege
freilich führten die Ämter nicht nur die Untersuchung, sondern fällten auch die Urteile. Ihre
Strafgewalt beschränkte sich auf Geldstrafen bis zu 15 fl, 14 Tagen Arrest und 15 Stockstreichen
, erhöhte sich aber im Jahre 1842 auf Geldstrafen bis zu 90 fl und Freiheitsstrafe bis zu 60
Tagen248. Nach Einführung des badischen Straf- und Strafprozeßbuchs im Jahre 1848 durch ein
Hohenzollern-Sigmaringisches Gesetz konnten die Ämter auf Strafen bis zu 180 fl erkennen249.

Bei Unzuchtsvergehen galten für die Frage, ob das Amt oder das Hofgericht Erkenntnisgericht
war, Sondervorschriften250.

Anders als in Hohenzollern-Hechingen lag auch die Ahndung von Forst- und Jagdfreveln
bei den Ämtern, freilich mit einigen Besonderheiten251. Maßgebend waren verschiedene
Normen:

243 SGS II 95, III 341; WoBISi 1819, 57.

244 Vgl. S. 125. Dieses Verfahren des bedingten Mandats gab es im Fürstentum nicht erst, seit es im Gesetz
des Jahres 1840 (SGS V 180) eine gesetzliche Regelung gefunden hatte. Es wurde durch dieses Gesetz
lediglich vereinheitlicht und ausdrücklich geregelt. StAS NVA II 4577, II 6347; § 16 DInstrSi. Formular
eines Pfändungsbefehls: StAS NVA 18442123. Erst im Jahre 1848 ging in Bagatellsachen diese Zuständigkeit
auf die Bürgermeister über SGS VIII 55; vgl. S. 144.

245 Organisationsedikt vom 28. 10. 1817. SGS I 192-193. Vgl. die allgemeinen Ausführungen über das
Untersuchungs- und das Erkenntnisgericht S. 127.

246 Im einzelnen vgl. VO vom 30. 4. 1830. SGS III 231. Allgemein: Mittermaier Bd. I S. 253-255.

247 SGS I 193; allgemein: Geyer S. 253.

248 Gesetz vom 27. 12. 1842. SGS VI 260. Die Strafe der körperlichen Züchtigung wurde damals
abgeschafft. Sie kam von da ab nur noch für Züchtlinge und Sträflinge der Strafanstalt in Betracht. Gesetz
vom gleichen Tage SGS VI 259.

249 § 30 des Gesetzes vom 18. 10. 1848. SGS VIII 85.

250 SGS II 11, 162; III 24, 79, 336; V 182.

251 Besondere Feld-Ruggerichte mit echten richterlichen Befugnissen sind hingegen in Hohenzollern-
Sigmaringen für die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts nicht feststellbar. Derartige Gerichte waren vor
allem für Vermessungen zuständig. SGS V 252, § 38 Nr. 9; VI 196 Nr. 11.

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