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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0168
Wilhelm Haase

diesen Sachen hatte das Kammergericht Berlin463 und ab 1936- die Länder und ihre Justizhoheit
waren inzwischen beseitigt worden - gar das Oberlandesgericht München zu entscheiden464.

Die Verbindung zum Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt wurde von den Angehörigen
der Justiz in Hohenzollern, wie der Verfasser aus mancherlei Gesprächen mit Angehörigen
dieses Personenkreises weiß, als recht glücklich empfunden. Gleichwohl, Zeiten und Verhältnisse
ändern sich. Einen Einschnitt brachte der preußisch-württembergische Gerichtsgemeinschaftsvertrag
des Jahres 1922465.

Auf Anregung der württembergischen Regierung begannen im Mai 1922 Verhandlungen
mit der preußischen Regierung, denen als Vorbild ein zwischen Preußen und Thüringen
geschlossener ähnlicher Vertrag diente466. Aus dem württembergischen Oberamtsbezirk
Balingen war nämlich der Wunsch laut geworden, man möge wegen der weiten Entfernung und
der schlechten Verkehrsverhältnisse nach Rottweil, wo das für Balingen zuständige Landgericht
lag, das Amtsgericht Balingen entweder dem württembergischen Landgericht Tübingen oder
dem preußischen Landgericht Hechingen zuteilen. Da der württembergischen Regierung die
erste Lösung nicht tunlich zu sein schien, sie andererseits die Wünsche der Bevölkerung für
berechtigt hielt, verhandelte sie mit Preußen. Auch die preußische Seite versprach sich Vorteile.
Neben einer zu erwartenden Erleichterung für die hohenzollerische Bevölkerung - das
Oberlandesgericht Frankfurt war doch recht weit entfernt - ging es um die Erhaltung des
Landgerichts Hechingen, das man in dem bisherigen Umfang nicht mehr für recht lebensfähig
hielt. Es war mit seinen damals 71000 Gerichtseingesessenen neben dem Landgericht Meseritz,
dessen Bezirk durch die Gebietsabtretungen nach dem Ersten Weltkrieg stark geschmälert
worden war, das kleinste in Preußen.

Bei den Verhandlungen über den Vertrag hatte man auch erwogen, die hohenzollerischen
Gemeinden Achberg, Burgau und Wilflingen der Gerichtsbarkeit der württembergischen
Amtsgerichte Wangen, Riedlingen bzw. Rottweil zu unterstellen, ließ diesen Plan jedoch
alsbald wegen der zu großen Unterschiede zwischen dem preußischen und dem württembergischen
Recht in der freiwilligen Gerichtsbarkeit wieder fallen467. Die württembergischen
Regierung machte sich die Bedenken der Vertreter der Landwirtschaft im Oberamtsbezirk
Balingen - Handel, Gewerbe und Industrie teilten sie offenbar nicht - nicht zueigen, die
Mißtrauen gegen den preußischen Richterstand vorbrachten und meinten, die württembergischen
Richter würden mehr Verständnis für die württembergischen Verhältnisse zeigen als die
preußischen Richter. Es bestehe die Gefahr, daß in Hechingen oberflächliche Urteile zum
Nachteile der Parteien gefällt werden könnten. Eine Befürchtung, die der nach seiner Meinung
befragte Vorstand des Amtsgerichts Balingen nicht teilte468.

Nach verhältnismäßig kurzen Verhandlungen kam es im Dezember 1922 zum Vertragsschluß
. Hiernach wurden am 1. April 1923 das württembergische Oberlandesgericht Stuttgart
zum Oberlandesgericht für den preußischen Landgerichtsbezirk Hechingen und das preußische
Landgericht Hechingen zum Landgericht für den württembergischen Amtsgerichstbezirk
Balingen bestellt. Damit kam ein Bezirk von 46000 Einwohnern und verhältnismäßig viel

463 §§ 50, 51 des Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 24. 4. 1878. GesS 230; Erlaß
vom 1. 9. 1879. GesS 587; Art. 7-8 des Preußischen Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom
21. 9. 1899. GesS 249 Gesetz vom 5. 11. 1925. GesS 155.

464 VO vom 23. 3. 1936 (RGBl I S. 251), die erst im Jahre 1950 ausdrücklich aufgehoben wurde. BGBl I
S. 505.

465 GesS 1923, 59; RegBl 1923, 105.

466 GesS 1921, 506.

467 GStA Rep. 84 a Nr. 6500 192-93.

468 Ebenda 127.

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