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Gerd Friedrich Nüske
sogenannten OMGUS-Akten erhalten hat21. Das erste der genannten Regimenter war für die
zukünftige amerikanische Militärregierung des amerikanisch besetzten Landes Württemberg
bestimmt gewesen. Am Montag, dem 23. April 1945, brach ein Vorauskommando von
Hockenheim in Richtung Stuttgart auf. Doch bald erfuhren die Amerikaner, daß the First
French Army was in füll control of Stuttgart, Stuttgart had fallen 21 April and military
government had been establisbed by the G-5 of the Third Division, First French Army the
following morning22! Diese Nachricht hinterließ eine schockartige Wirkung bei den amerikanischen
Militärregierungsoffizieren und belastete deren Verhältnis zu ihren französischen
Kollegen für Jahre. Ziemlich ratlos beschlossen sie, trotzdem das nun französische Stuttgart zu
betreten but that they wouldfunction there as observers and in a liaison capacity and would in no
way exercise military government functions except as directed by the French Commander. Das
amerikanische Vorauskommando bezog Quartier in der Residenz des vormaligen Stuttgarter
Wehrkreiskommandanten, Generaloberst von Rouff, in der Richard-Wagner-Str. 39. Bereits
am gleichen Abend erschienen zwei Offiziere der französischen Militärregierung Stuttgart und
unterrichteten die Amerikaner, daß die Kontrolle über Stuttgart jetzt von der Abteilung G-5
der amerikanischen 6. Armeegruppe in vollem Umfang auf die französische Militärregierung
übergegangen sei. Den Amerikanern wird sofort klar gewesen sein, was dies bedeutete, nämlich
die einseitige Ablösung aller nichtfranzösischen Mitspracherechte über das Schicksal Stuttgarts.
Im übrigen belehrten die Franzosen ihre amerikanischen Verbündeten, that the headquarters of
French Military Gouvemments was now located at the former Reichsministerium of Württemberg
, 15 Richard Wagner Strasse.
In den folgenden Tagen suchten die Amerikaner trotz ihrer schwierigen Situation in
Stuttgart Fuß zu fassen. Sie begaben sich sogar zu Fregattenkapitän Mercadier, dem Chef des
französischen Militärregierungsdetachements H für die Stadt Stuttgart, und sprachen auch mit
Vertretern des französischen Militärgouverneurs von Stuttgart, Generalmajor Schwanz. Die
Nachricht von den in Stuttgart anwesenden Amerikanern muß sich rasch bei der deutschen
Bevölkerung herumgesprochen haben. Das erwähnte Tagebuch vermerkt: From the time the
Advance Party was establisbed, German and Allied Nationais began to appear with complaints
of looting, rapes, and often disorderly action of the pari of French troops and in some cases of
German civilians. All such persons were promptly informed that füll control and authority was
vested in the French Army. Shooting was continuous day and night23. Doch ganz so
zurückhaltend waren die Amerikaner gegenüber der deutschen Bevölkerung nicht. Zumindest
da, wo keine französische Autorität bestand, drängte sie in bestehende Lücken. So beschwerte
sich Fregattenkapitän Mercadier am 29. Juni 1945 schriftlich bei dem Oberbürgermeister der
Stadt Bad Cannstatt, daß dort Passierscheine mit dem Stempel »Allied Military Government«
ausgegeben würden. Die französische Militärregierung wies darauf hin, daß Bad Cannstatt in
der französischen Zone liege und deshalb Passierscheine allein durch das französische Gouver-
21 Nationalarchiv Washington, RG 260/OMGUS, Microfiches im HStA Stuttgart J 384 OMGWB
3/413-2/12, darin War Diary Advance Party Detachments E1C3 and H1C3 Company C, 3rd E C A
Regiment APO 658 for Sunday, 22 April, 1945 to Thursday 4 May, 1945.
22 RG 260 OMGWB 3/413-2/16, Eintrag für Monday, 23 April, 1945.
23 Durch die Notizen im genannten Kriegstagebuch der Vorausabteilung werden im übrigen die Angaben
von Lincoln (wie Anm. 14) voll bestätigt, so daß deren Bedeutung - trotz mancher Ungenauigkeiten bei
Wiedergabe deutscher Verhältnisse - dadurch gerechtfertigt erscheint. Lincoln war Angehöriger des
Vorauskommandos und änderte später als Filmschauspieler seinen Namen. - Zu den Verbrechen der
französischen Truppen, die in ganz Südwestdeutschland gleichermaßen vorkamen, vgl. für Stuttgart die
Akten der Kanzlei des Oberbürgermeisters der Stadt Stuttgart im StadtA Stuttgart: 0315-7 (»Ausschreitungen
, Belästigungen und sonstige Übergriffe der Besatzungsmacht«) u. ö. Auch die War Diaries der
amerikanischen Militärregierungseinheiten belegen das Verhalten der Franzosen, vgl. etwa RG 260
OMGWB 3/413-2/15; 3/413-2/16 und 3/413-3/3.
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