Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0209
Württemberg-Hohenzollern als Land der französischen Besatzungszone

Deutschland sprach68. Diese französische Zone sollte den südlichen Teil der preußischen
Rheinprovinz einschließlich Köln umfassen, ferner Hessen-Nassau, den größten Teil von
Hessen, die Saar, Baden und die Pfalz. Unverkennbar war schon hier die Vorstellung von einer
durchgängigen französischen Besatzungszone von Köln bis Basel beiderseits des Rheins. Dieses
französische Ziel sollte - in dieser oder jener Einkleidung - während der folgenden Jahre
unverändert verfolgt werden. Für alle von französischen Truppen über die genannten Gebiete
hinaus besetzten Teile Deutschlands sollte es bedeuten, daß diese zur Disposition standen,
sobald sich durch Verhandlungen das Ziel einer französischen Zone entlang des Rheins
erreichen ließe. Das galt vor allem für das spätere Württemberg-Hohenzollern.

Im Verlauf des Jahres 1944 erzielte de Gaulle zwar noch außerordentliche Erfolge beim
Streben nach einer Beteiligung Frankreichs an der alliierten Deutschlandplanung, vor allem
durch die offizielle Einladung vom 11. November an Frankreich, an der EAC teilzunehmen,
und den tatsächlichen Hinzutritt französischer Repräsentanten bei der EAC am 27. November
1944. Auch wurden de Gaulles Vorstellungen über den Umfang der Beteiligung Frankreichs an
einer Kontrolle Deutschlands im Spätjahr 1944 immer deutlicher. Vor der Beratenden
Versammlung in Paris sprach er am 22. November 1944 von dem deutschen Problem als dem
Probleme central de l'univers69. Den Verbündeten gegenüber machte er aus dem französischen
Anspruch auf die Rheingrenze kaum noch ein Hehl. Gleichwohl war Frankreich von einer
Garantie für die Verwirklichung seiner Ansprüche in Deutschland noch weit entfernt, von einer
französischen Besatzungszone in Deutschland konnte noch keine Rede sein, ja nicht einmal die
Beteiligung französischer Truppen bei der militärischen Besetzung Deutschlands wurde in
Erwägung gezogen. Gerade bei letzterem war Frankreich nahezu vollständig von den Angloamerikanern
abhängig.

In dieser schwierigen Lage ließ es de Gaulle nicht an Entschlossenheit fehlen, seine
weitreichenden Absichten gleichwohl durchzusetzen. Der grandiose Empfang Churchills in
Paris war zugleich der Beginn einer großangelegten französischen diplomatischen Offensive
gewesen. Zwar war es dabei, wie erwähnt, de Gaulle gelungen, Churchill für sich einzunehmen
- bis hin zu dessen Eintreten für eine französische Besatzungszone in Deutschland auf der
Konferenz von Jalta. Aber eine Einigung in sonstigen zwischen Frankreich und Großbritannien
strittigen Fragen konnte nicht erzielt werden. De Gaulle hatte - wie bald erkennbar wurde -
auch andere Pläne. Einen von Churchill angestrebten französisch-britischen Pakt lehnte de
Gaulle ab, obwohl er die bisherige Beteiligung an der alliierten Deutschlandplanung nur
Churchills Eintreten zu verdanken hatte.

Statt dessen reiste de Gaulle - nur wenige Tage nach der formellen Anerkennung seiner
Regierung durch die Angloamerikaner - nach Moskau, offenbar nachdem er sich selbst dort
eingeladen hatte. La solidarite franco-russe n'en demeuraitpas moins conforme ä Vordre naturel
des choses, tant vis-ä-vis du danger allemand que des tantatives d'hegemonie anglo-saxone,
notierte de Gaulle später70. Er hielt den Sowjetmarxismus nur für ein zu vernachlässigendes
Mittel im ewigen Machtkampf der Nationen. De Gaulle schlug Stalin eine direkte Entente zur

68 Lipgens (wie Anm. 8) S. 66 f. und S. 68 f. bes. zur programmatischen Entwicklung der außenpolitischen
Konzeption in der France libre.

69 Charles De Gaulle, Discours et messages 1. Pendant la guerre 1940-46. Paris 1970. S. 457.

70 De Gaulle (wie Anm. 8) S. 54. In diesem Zusammenhang ist heranzuziehen A. W. DePorte, De
Gaulle's Foreign Policy 1944-1946. Harvard-Cambridge Mass. 1968, der aus intimer Kenntnis die
Bedeutung des versuchten französisch-sowjetischen Arrangements noch stärker unterstreicht. Knapper
GuydeCarmoy, Les politiques etrangeres de la France 1944-1966. Paris: La table ronde 1961. S. 14f. und
18 f.; ähnlich Alfred Grosser, La IV5 Republique et sa politique exterieure. Paris: Librairie Armand Colin
1961 (Unveränderte Neuauflage 1967). S. 15-20 und 33 f. Zu Gesamtkomplex des französisch-sowjetischen
Verhältnisses vgl. ferner Herbert Tint, French Foreign Policy since the Second World War (Foreign
Policy Studies). London: Weidenfeld and Nicolson 1972. S. 106ff.

207


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0209