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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0256
Gerd Friedrich Nüske

Bock-Niethammer viel deutlicher als SPD und DVP, als sie nämlich auf die Person Niethammer
abstellte: Die grundsätzliche Feindschaft des Professor Niethammer gegen die Demokratie
verrät sich in seinem Ausspruch, daß er als Reichsanwalt erlebt habe, was der Parlamentarismus
gebracht habe. Schließlich warf die KPD dem Entwurf Bock-Niethammer noch vor, erseinicht
nur extrem föderalistisch im deutschen Sinne, sondern auch separatistisch im Sinne eines
südwürttemb ergischen Separatismus™. Zum Beweis verwies der KPD-Abgeordnete auf
Artikel 1 des Entwurfs Bock-Niethammer einerseits und Artikel 44 der Verfassung von
Württemberg-Baden andererseits236.

Die weitere Beratung des Entwurfs Bock-Niethammer durch die Vertreter von CDU und
DVP setzte sich in der gleichen Weise fort wie zuvor unter Teilnahme der SPD: Die CDU setzte
kraft ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit die Bestimmungen ihres Verfassungsentwurfs kompromißlos
durch. Nicht einmal bezüglich des Aufbaus der Verfassung konnte sich die CDU zu
Zugeständnissen durchringen. Bock bekannte: Wir haben keine Veranlassung, von dieser
Gliederung abzugehen"7. Die Vertreter der DVP verwiesen bei den einzelnen Artikeln immer
wieder auf die Stuttgarter Verfassung oder schlugen gar die Übernahme von darin enthaltenen
Bestimmungen vor. Aber nur dann, wenn die beiden Auffassungen über diese Artikel zufällig
identisch waren, stimmten ihnen auch die Abgeordneten der CDU zu238. Trotzdem konnte die
DVP eine ganze Reihe von Formulierungen durchsetzen, da sich die Stuttgarter Verfassung in
Einzelheiten präziser faßte als der Entwurf Bock-Niethammer239. So verlief die Debatte im
Verfassungsausschuß zwischen CDU und DVP trotz allem verhältnismäßig ruhig und zügig.

Anders wurde es erst wieder, als der Ausschuß am 19. März zu den Artikeln 41-54 des
Entwurfs Bock-Niethammer gelangte, die die Regierung, deren Stellung und Befugnisse
behandelten. Der Abgeordnete Leuze lehnte sofort die bisher geübte Praxis ab, Artikel für
Artikel zu beraten. Vielmehr wollte er das von ihm so bezeichnete System debattieren, das er
vor allem durch die Stellung des Staatspräsidenten im vorliegenden Entwurf zum Ausdruck
gebracht sah: Dieses System, das geleitet wird durch einen Staatspräsidenten, der durch das Volk
gewählt ist, der ein völliges Gleichgewicht gegenüber dem Landtag seiner Stellung nach hat, den
Staatspräsidenten unabhängig vom Vertrauen des Landtags macht, der seine Minister berufen
und wieder entlassen kann, ohne der Zustimmung des Landtags zu bedürfen, ist für uns von
erheblicher und ausschlaggebender Bedeutung2*0. Leuze vermutete in Niethammer den

235 Ebd. S. 2.

236 Art. 1 Entwurf Bock-Niethammer: Württemberg-Hohenzollern ist ein freier Volksstaat und ein Glied
der Gemeinschaft, zu der deutsche Staaten sich zusammenschließen werden. Art. 44 der Verfassung von
Württemberg-Baden: Das Staatsgebiet besteht derzeit aus den in der Anlage aufgeführten Gebietsteilen der
Länder Württemberg und Baden. Entsprechend seiner früheren Zugehörigkeit zu Württemberg und Baden
gliedert sich derzeit das Staatsgebiet in die Landesbezirke Württemberg und Baden, deren gleiche
Gliederung und Selbstverwaltung gesichert und durch Gesetz geregelt werden.

237 Niederschrift über die Sitzungen des Verfassungsausschusses am 18. bis 20. 3. 1947 in Bebenhausen,
in: StA Sigmaringen Wü 1/28 S. 35 (Abgeordneter Bock).

238 Ebd. S. 43 bezüglich der identischen Artikel 29 des Enwurfes Bock-Niethammer (Abs. 1: Der Landtag
•verhandelt öffentlich. Abs. 2: Die Öffentlichkeit wird ausgeschlossen, wenn der Landtag dies auf Antrag
eines Ministers oder von mindestens zehn Abgeordneten mit Zweidrittelmehrheit beschließt) und Art. 59 der
Verfassung von Württemberg-Baden (Die Verhandlungen des Landtags sind öffentlich. Die Öffentlichkeit
wird ausgeschlosssen, wenn der Landtag es auf Antrag von zehn Mitgliedern oder eines Ministers mit
Zweidrittelmehrheit beschließt).

239 Ebd. (wie Anm. 237) S. 41 f.

240 Ebd. (wie Anm. 237) S. 50 Abgeordneter Dr. Leuze (DVP): ...ich glaube, daß es sich bei diesem
Abschnitt über die Regierung nicht empfiehlt, Artikel um Artikel durchzugehen. Wir begegnen schon beim
ersten Artikel dem Wort Staatspräsident und kommen damit sofort zu der Frage des Systems, wie dieser Staat
aufgebaut werden soll. Es ist ein System, das neu ist in unseren bisherigen württembergischen Verfassungen
und ich glaube, daß wir zunächst über dieses System debattieren müssen.

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