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Walter Kempe
einen Gehilfen. Durch die Einrichtung einer fremden Apotheke in Hohentengen wäre ihm etwa
20% seines Umsatzes verloren gegangen.
Auf Ersuchen des Oberamtes Saulgau hatten sich im März 1869 die Vertreter der zum
früheren Amtsverband zählenden Gemeinden versammelt und beschlossen, daß der Apotheker
Luib aufgefordert werde, die Apotheke unter der Bedingung zu errichten, wie sie im Vorjahr
Apotheker Stänglen, Saulgau, gemacht worden sei. Dabei sollten die vom Amtsverband für die
Errichtung der Apotheke bereitgestellten Kapitalien durch den Apotheker verzinst werden.
Sollte Apotheker Luib mit dieser Bedingung nicht einverstanden sein, erhielt der Ortsvorsteher
Blersch die unbeschränkte Vollmacht, die Sache mit Hilfe eines Rechtsanwaltes weiter zu
verfolgen142. Josef Luib lehnt am 18. Juni 1869 die Übernahme einer Filialapotheke in
Hohentengen endgültig ab. Apotheker Stänglen richtet sie am 2. November 1869 ein.
Am 19. April 1870, starb Josef Luibs Mutter, Franziska Luib geb. Sigerist, im Alter von
65 Jahren an einem Herzschlag143.
Ein Jahr später heiratete Josef Luib wieder. Am 11. Juli 1871 fand die Hochzeit mit der
25jährigen Antonia Binder statt144.
Einen Einblick in den Zustand des Apothekenwesens im Oberamt Saulgau gewährt eine im
Februar 1872 durchgeführte Erhebung145. Das Oberamt berichtete an die Regierung: Es
befinden sich im Bezirke Saulgau 4 Apotheken, nämlich eine in Saulgau, eine in Mengen, eine in
Altshausen und eine in Hohentengen. Die Apotheken in Saulgau und Mengen sind realberechtigt
, die in Altshausen und Hohentengen sind personalberechtigt. Die Änderungen der Besitz-
und Ortsverhältnisse wurden aufgeführt ...die Realapotheke in Mengen befindet sich seit
Menschengedenken im gleichen Gebäude.
Nach der Gründung des Deutschen Reiches folgte bald eine gewisse Vereinheitlichung des
Apothekenwesens. Am 2. Oktober 1872 wurde durch Verfügung des Ministeriums des Innern
die Pharmakopoea Germanica - das Deutsche Arzneibuch 1 (DAB1) - eingeführt. Das
Oberamt und der Oberamtsphysikus in Saulgau gaben dies den Apothekern und Ärzten des
Oberamtsbezirks Saulgau mit Schreiben vom 12. Oktober 1872 zur Kenntnis. Durch Vermittlung
der betreffenden Ortsvorsteher zeichneten die Eröffnung ab: die Apotheker Stänglen
(Saulgau), Luib (Mengen), der Apothekenverwalter König (Hohentengen), der Apotheker
Hodrus (Altshausen) und die Ärzte Oberamtswundarzt Dr. Schabel (Saulgau), Dr. Schabel
(Altshausen), Dr. Aberle (Mengen), Dr. Kraus (Mengen) und der praktische Arzt Frey
(Hohentengen)146.
Eine Durchsicht dieses Arzneibuches ergibt, daß der Arzneischatz der Apotheke des Jakob
Luib aus dem Jahre 1804 in vielem mit dem des DAB 1 um 1872 übereinstimmte. 1882 erfolgte
die 2., 1890 die 3., 1900 die 4., 1910 die 5., 1926 die 6., 1968 die 7. und 1978 die 8. Ausgabe des
Deutschen Arzneibuches. DAB 1 und DAB 2 waren in lateinischer Sprache verfaßt. Eine
deutsche Ubersetzung stand zur Verfügung.
Im Jahre 1886 beendet Josef Luib seine Tätigkeit als Apotheker und verkauft die Apotheke
am 15. April 1886 mit Wirkung vom 1. Juli 1886 an Apotheker Carl Hartmann147. Josef Luib
starb am 21. September 1896 im Alter von 66 Jahren148.
142 StA Sigmaringen (wie Anm. 126).
143 KKA Mengen (wie Anm. 139).
144 KKA Mengen (wie Anm. 137).
145 StA Sigmaringen (wie Anm. 138).
146 Ebd.
147 A Mengen, Kaufbuch XXXII 1886.
148 KKA Mengen (wie Anm. 121).
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