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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0161
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

dem Boden der Stammväter, aus Eretz Israel, dem Heiligen Land, mit ins Grab zu geben. Sie
wird vornehmlich auf Gesicht und Sterbekleid des Toten gestreut. Die Hingeschiedenen
wurden so beerdigt, daß ihre Gesichter dem Land der Väter, dem Tempelberg in Jerusalem,
zugewandt waren. »Und so liegen die jüdischen Friedhöfe unversehrt da und warten auf das
>Ende der Tage«<257.

Die Trauergebräuche wechseln nach Zeit und Region, doch ist auch hier in der Regel
Schlichtheit üblich. Das Begraben von Toten, vor allem Aufbahrung, rituelle Reinigung und
Bestattung, ist zwar rechtlich Pflicht der Erben, gilt aber von altersher als Erweis von
Nächstenliebe und wird fast immer von einer lokalen Gruppe aus der Gemeinde, der
Beerdigungsbruderschaft, besorgt.

»Die Aufstellung eines Grabmals ist ein schon seit dem Altertum geheiligter Brauch.... Die
Grabsteine ... haben ganz unterschiedliche Formen, es können Grabplatten oder auch
Steinsockel sein«258. Fast nur in der Renaissance treten architektonische und dekorierte
Grabsteine auf. Im 19. und 20. Jahrhundert wirkt die Grabsteinmode der Umwelt ein259. »Der
Grabstein wird in einer Zeremonie enthüllt«, nachdem aus der Mischna einige Passagen
vorgelesen und einige Psalter gelesen wurden. Meist sagen die Kinder das Kaddisch260. Häufig
nehmen die Trauernden die Kerija vor, d. h. das Einreißen der Kleider. Darauf folgen die
offiziellen Worte der Trauer und des Abschieds. »Dann liegt das Grab in ewiger Ruhe«261.

Frühe Bestattungen

Die ältesten Hinweise über Beerdigungen der Juden finden sich bei Cramer. Nach ihm
erwähnt das im Jahre 1544 entstandene Hagen'sche Lagerbuch262: »Außerdem [zusätzlich zu
dem sich auf 181 Gulden belaufenden >unstet Judentribut<] zahlten sie [die jüdischen Familien]
als Frey- oder Kirchhoff gelt beim Tode einer Person 1 fl., oder wenn sie unter 12 Jahre alt war,
einen halben«263.

Wo allerdings die Verstorbenen begraben wurden, ist bei Cramer nicht erwähnt. Vielleicht
mußten die Juden vor Errichtung des eigenen Friedhofs ihre Toten bis auf den jüdischen
Friedhof bei Weildorf bringen. Diese Begräbnisstätte (genannt Der gute Ort)264 liegt im
ehemaligen Stadtwald-Distrikt Maike. Auf einem Grabstein konnte 1929 die Jahreszahl 1567
entziffert werden. Der jüdische Friedhof bei Weildorf wurde also schon im 16. Jahrhundert
benutzt265.

257 JRS, S. 302.

258 Ebd.

259 Vgl. KLJ, S. 46, 109 und 125.

260 Das Kaddisch oder Qaddish (aramäisch: heilig) ist ein fast völlig aramäisch-sprachiges liturgisches
Stück in unterschiedlichen Fassungen für mehrere Anlässe. Am gebräuchlichsten ist die Verwendung durch
Trauernde. Das Kaddischgebet fällt durch seine Feierlichkeit auf. Es beinhaltet die Anbetung des heiligen
Gottes und das Bekenntnis seiner Herrschaft mit eschatologisch-messianischem Kolorit (vgl. KLJ, S. 167
und 249).

261 JRS, S. 302.

262 Das Hagen'sche Lagerbuch entstand im Jahre 1544 auf Befehl des Grafen Jos Niklas als Erneuerung
des Urbars von 1435. Es beinhaltet eine Aufzeichnung der Rechte des Grafen und der Kirche gegen die
Untertanen und bestand aus 12 Bänden. Verfertigt wurde es von drei Hechinger Gerichtsmännern. Siehe
hierzu ChH II, S. 64.

263 C, S. 205.

264 Hodler, Geschichte des Oberamtes Haigerloch. Hechingen 1928, S. 558.

265 J. Schneider, Der alte Judenfriedhof bei Weildorf, Gruol. Lagerort: HHBH, R. 12 XXIX. Siehe
auch Hodler, Geschichte des Oberamtes Haigerloch. Hechingen 1928, S. 558 f. und S, S. 87.

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