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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1986/0051
Die Leibbücher der waldburgischen Grafschaft Friedberg-Scheer

zu schaffen. Als Inhaber der hohen und niederen Gerichtsbarkeit - letztere wurde in
zahlreichen Verträgen mit konkurrierenden benachbarten Obrigkeiten immer wieder geregelt24
- hatten die Truchsessen grundsätzlich den rechtlichen Zugriff auf die armen leute ihres
Territoriums. Weniger einheitlich sah es mit der leibrechtlichen Bindung aus. Die Bevölkerung
umfaßte in unbekannter Zusammensetzung Freie, Leibeigene der Truchsessen und Leibeigene
anderer Herren. Es mußte territorialpolitisch im Interesse der Waldburg liegen, andere
Leibherren zurückzudrängen und den Kreis der leibrechtlich an den Inhaber der Grafschaft
Friedberg-Scheer gebundenen Personen zu erweitern.

In dieser Absicht wurden gezielt Leibeigene, die in der Grafschaft Friedberg-Scheer saßen,
aber anderen Herren gehörten, gekauft und getauscht. Am 28. Dezember 1509 etwa erwarb
Graf Andreas von Sonnenberg, Truchseß von Waldburg, für 200 fl. von seinem Bruder
Johannes, Herren zu Wolfegg, alle im Territorium des ersteren ansässigen, aber dem letzteren
eigenen Personen25. Auch von Bernhard von Beuren erwarb man eine größere Zahl26. Einzelne
Leibeigene wurden immer wieder mit weiteren fremden Leibherren getauscht27.

Das Streben der Truchsessen nach einer wachsenden Zahl von Leibeigenen spiegelt sich
besonders in Urkunden aus dem Bereich der bäuerlichen Leihe. Zweifelsfrei wurde immer
wieder der Empfang von Höfen an die Ergebung in die Leibeigenschaft geknüpft28. Auch das im
Anhang edierte älteste Leibbuch beweist dies29.

Auf dem Wege der Gesetzgebung versuchten die Reichserbtruchsessen dem Institut der
Leibeigenschaft und den mit ihr verbundenen territorialpolitischen Zielsetzungen eine rechtliche
Grundlage zu geben. Schon die ersten, von Wilhelm dem Älteren im Jahre 1512 erlassenen
Statuten, die für die Grafschaft ein einheitliches Recht in vielen Bereichen schufen30, liefern

schrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 70 (1983) S. 483-522; vgl. auch Ders., Deutsche Untertanen.
Ein Widerspruch. München 1981. - Zur Niederlassung Leibeigener fremder Herren in der Grafschaft und
der fortdauernden Bindung an den Leibherren sei exemplarisch auf Regest 26 bei Becker (wie Anm. 27)
S. 38 verwiesen.

24 Einschlägige Verträge und Kompromißurteile im StAS, Dep. 30, Friedberg-Scheer, Urkunden. Vgl.
auch Dieter-Wilhelm Mayer: Die Grafschaft Sigmaringen und ihre Grenzen im 16.Jahrhundert. Die
Rolle des Forsts beim Ausbau der Landeshoheit (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 4). Sigmaringen
1959. S. 149 ff.

25 Vochezer (wie Anm. 3) Bd. 1, S. 718f.; der Kaufvertrag ist im Fürstlich Waldburg Zeil'schen
Gesamtarchiv kopial unter der Signatur ZTr712 (Trauchburger Vertragsbuch) überliefert (Herrn OStR
R. Beck, Leutkirch, danke ich für die frdl. Zusendung einer Kopie und diverse Auskünfte). Die Liste der
verkauften Leibeigenen, die anläßlich der Ausfertigung der Urkunde erstellt wurde und auf die die Urkunde
Bezug nimmt, ist in dem Kopialbuch nicht abgeschrieben und ließ sich auch anderen Orts nicht ermitteln.
Hierdurch gewinnen die Angaben des unten im Anhang edierten Leibbuchs, in welchem die Wolfegger
Herkunft jeweils vermerkt ist, besonderen Wert.

26 Die Verkaufsurkunde ließ sich soweit noch nicht ermitteln, so daß uns als einzige Quelle hierzu das im
Anhang edierte Leibbuch (vgl. die Eintragungen 120ff. und 198ff.) vorliegt. Weitere Rechtsgeschäfte
zwischen den Waldburg und Bernhard von Beuren sind bei Vochezer (wie Anm. 3) Bd. 1, S. 605, 730 und
789 erwähnt und in den Urkunden StAS, Dep. 30, Friedberg-Scheer 121, 142 und 228 greifbar.

27 Tauschgeschäfte dieser Art mit dem Kloster Salmannsweiler aus den Jahren 1502 und 1550 sind in dem
Büschel StAS, Dep. 30, Friedberg-Scheer, Rep. II K. IV F. 34 Nr. 1/2 überliefert. Vgl. auch in dem im
Anhang edierten Leibbuch die Eintragungen 168, 210 und 246 sowie Regest 85 bei Otto H.Becker:
Gesamtarchiv Schenk von Stauffenberg, Herrschaft Wilflingen: Urkundenregesten 1366-1805 (Inventare
der nichtstaatlichen Archive in Baden-Württemberg 17). Stuttgart 1981. S. 73.

28 StAS, Dep. 30, Friedberg-Scheer, Urkunden 334, 350, 370, 374, 386, 402, 410, 503, 611 und 664 (alle
16. Jahrhundert).

29 Vgl. die Eintragungen 37, 211, 244 und 339.

30 Hierzu Vochezer (wie Anm. 3) Bd. 2, S. 137 und Rauh (wie Anm. 1) S.225. - Eine Edition der
Statuten wird vom Verf. vorbereitet und wird in ZHG23 (1987) erscheinen.

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