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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1986/0055
Die Leibbücher der waldburgischen Grafschaft Friedberg-Scheer

den Reichserbtruchsessen Wilhelm den Jüngeren gefallen waren, somit als Inventar der
Friedberg-Scheerer Leibeigenen bei Regierungsantritt bzw. als Übergabeverzeichnis entstand.

Aufgeführt sind - jeweils für die einzelnen Orte der Grafschaft - alle leibeigenen Personen,
wobei die einzelnen (in der Edition unten vom Editor durchnumerierten) Einträge in der
Regel59 eine Familieneinheit von zwei Generationen erfassen, also kernfamilial angelegt
sind60. Dabei fällt auf, daß die Eltern manchmal mit Formulierungen wie Hans Ringer und sin
hußfrow Anna GasßerinM, manchmal aber auch mit solchen wie Hans Schünchenmayers wib
Anna Figlini62 erscheinen; die offenbar konsequent durchgeführte Unterscheidung im Formular
legt die Annahme nahe, daß bei Angaben der ersten Art beide Elternteile Leibeigene waren
und als solche ausgewiesen werden sollten, während im anderen Fall nur die Frau (und damit
die Kinder63) diesen Rechtsstatus hatten, der Mann aber frei war64.

Jeweils unter der Uberschrift Ire kinder folgen in den einzelnen Eintragungen dann auf die
Eltern die Vornamen der Kinder.

Aufgeführt sind auch alle außerhalb der Grafschaft ansässigen Leibeigenen mit Angabe des
Ortes65. Das Leibeigenenbuch ist also umfassend, eine Aufspaltung in ein Verzeichnis der in
Friedberg-Scheer gesessenen Personen und ein zweites für die sogenannten Ausleute war bei
der Leibeigenenerhebung nicht vorgenommen worden.

Teilweise ist vermerkt, wenn Leibeigene von fremden Herren erworben oder eingetauscht
worden waren66. Geschlossen aufgeführt sind jeweils für die einzelnen Orte die von Johannes
von Waldburg und Bernhard von Beuren erworbenen Leibeigenen67.

War das Buch nach diesen Grundsätzen als Liste aller Leibeigenen bei Regierungsantritt
Wilhelms angelegt worden und ist es von seiner Entstehung her also als Überlieferung der
Leibeigenen in Friedberg-Scheer zu einem bestimmten Zeitpunkt zu verstehen, so wurde es
bald von den Scheerer Amtsträgern herangezogen, um Veränderungen im Leibeigenenbestand
darin zu vermerken. Das Inventar wandelte sich zu einem laufend in der Verwaltung
benutzten Hilfsmittel, zu einer für die Ausübung von Herrschaft über Menschen - man
verzeihe den Anachronismus - nützlichen Datei personenbezogener Daten. Und damit

59 Sie wird auch hier von Ausnahmen bestätigt: vgl. z.B. Eintragung2.

60 Die Erhebung dürfte ähnlich abgelaufen sein, wie es Andermann, (wie Anm.9) S. 115f. für die
»Speyerer Volkszählung« vermutet hat: Mit großer Wahrscheinlichkeit ging der Untervogt oder ein von
ihm Beauftragter in den einzelnen Orten von Haus zu Haus, um festzustellen, ob Leibeigene darin
wohnen und, wenn ja, ihre Namen zu notieren. In welchem Maß die in der Regel zwei Generationen
umfassenden Eintragungen den einzelnen Haushaltungen entsprechen, bleibt ebenso zu prüfen wie die
Frage, ob das Leibbuch als Spiegelbild der Nachbarschaftsverhältnisse (vgl. Andermann S. 116) interpretiert
werden kann. Sehr oft scheint sich die Abfolge der Eintragungen an den verwandtschaftlichen
Beziehungen zu orientieren. Freilich können sich aber diese häufig mit den räumlichen Gegebenheiten
gedeckt haben. Das Problem wird sich nur durch eine minuziöse Analyse unter Hinzuziehung anderer
Quellen lösen lassen. - Zu den ebenfalls kernfamilialen Eintragungen in Leibeigenschaftsverzeichnissen
der Grafschaft Zollern im 16. Jahrhundert und den damit verbundenen Interpretationsschwierigkeiten s.
Elbs (wie Anm. 38) S. 34 f.

61 Eintragung 54.

62 Eintragung 51.

63 In Friedberg-Scheer folgten die Kinder wohl - wie in der benachbarten Grafschaft Zollern (vgl. Elbs,
wie Anm. 38, S. 34) - der Mutter in der leibherrlichen Zugehörigkeit. Ob die Truchsessen auch versucht
haben, das Prinzip der »ärgeren Hand« durchzusetzen?

64 So war es von schwerwiegender Bedeutung, daß die ursprüngliche (unkorrigierte) Eintragung
3 Catherina Frickin, Jacob Ryßers, des hofkochs wyb in Jacob Ryßer der koch... und sin wyb Catherina
Frickin korrigiert wurde (vgl. unten die Edition). In Eintragung 154 wurde wohl zur zusätzlichen
Betonung des Sachverhalts neben Anna Voglerin, Marthin Rachlins hußfrow vermerkt: Martin istfry, hat
kain hern.

65 Vgl. z.B. die Eintragungen 10, 15, 16, 17, 56, 77, 90 und 128.

66 Vgl. z.B. die Eintragungen 31 und 95.

67 Vgl. z.B. die Eintragungen 120ff. und 133ff.

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