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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1986/0056
Roben Kretzschmar

entstand für den späteren Historiker ein Dokument, in welchem Friedberg-Scheerer Leibeigenschaftsverhältnisse
während eines längeren Zeitraums greifbar sind.

Wie schon erwähnt, wurden schon von der Hand A zahlreiche Nachträge eingetragen,
wobei in der Regel auf Datumsangaben verzichtet wurde68. Diese Nachlässigkeit erschwert
natürlich die Interpretation der Quelle ungemein; in einigen Fällen ist nicht einmal eindeutig zu
entscheiden, ob es sich bei einer Eintragung um einen ursprünglichen oder späteren Eintrag
handelt69. Zwei in das Leibbuch eingelegte (oder besser: in ihm liegengebliebene) Zettel lassen
nachvollziehen, auf welche Art die Nachträge der Hand A zustande kamen. In Eintrag 175
vermerkt dieselbe: Des Krugs wyb hat sich aigen ergeben für irs mans straf gelt, haist. Die
Eintragung basiert auf einem Zettel mit folgender Anweisung von anderer Hand: Des Krugs
wyb und kind in das Buch zuschreiben. Der Vergleich der Angaben zeigt, daß der Scheerer
Beamte, der mit dem Nachtrag beauftragt worden war, einerseits ein Mehr notierte, als auf
seiner schriftlichen Vorgabe stand, indem er den Umstand der Leibeigenschaftsergebung
festhielt, andererseits aber auch entgegen seines Vorsatzes darauf verzichtete, den Namen der
Frau noch nachträglich zu eruieren, und das Kind völlig vergaß. Wir müssen also bei der
Interpretation des Buches auch mit unvollständigen Daten rechnen.

Die hier zu beobachtende Nachlässigkeit, die sich durch den zweiten erhaltenen Anweisungszettel
für einen Nachtrag bestätigt70, zeigt sich auch an vagen Notizen wie hat vil kind
oder hat ein wyb71. Ebenso weist das - schon erwähnte - regelmäßige Fehlen von Datumsangaben
bei Nachträgen das Leibbuch nicht gerade als ein präzise und sauber geführtes Kontrollinstrument
der Verwaltung aus. Die Nachträge, die von der Hand A stammen, vermerken
weitgehend unsystematisch Veränderungen - vor allem bei leibeigenen Kindern - in Wohnsitz
und Ehestand sowie im Rechtsstatus (Freilassungen, Freikäufe72), sie notieren ohne festes
Formular Todesfälle und erfolgte Fallzahlungen und halten beiläufig erhobene Strafgelder für
ungenossame Ehen fest73. Sie verzeichnen schließlich - und dies relativ detailliert und öfters mit
Datum - Ergebungen in die truchsessische Leibeigenschaft74.

Der konstatierte Mangel an Präzision und Systematik läßt daran zweifeln, daß die von der
Hand A bis zumindest 1543 - also immerhin während einer Zeitspanne von über dreißig Jahren
- vorgenommenen Nachträge alle eingetretenen Veränderungen erfassen. Und in der Tat: Ein
Vergleich mit den Urkunden aus den fraglichen Jahren ergibt, daß wiederholt Leibeigenschaftsergebungen75
nicht notiert und auch andere Begebenheiten, die festzuhalten sinnvoll gewesen

68 Nur in 7 Fällen hat die Hand A ein Datum vermerkt; vgl. die Eintragungen 53,208,246,274, 326,336
und 346.

69 So vor allem bei Leibeigenschaftsergebungen wie z. B. bei den Eintragungen 117,118,142 und 143, aber
auch bei einfachen Einträgen von Namen, die ja die Hand A später eingefügt haben kann. Vgl. auch unten
die Anmerkungen im Vorspann zur Edition. - Insgesamt ist die Zahl der nicht eindeutigen Fälle geringfügig.

70 Vgl. Eintragung 324 mit Fußnote cb.

71 Z.B. Eintragungen 1, 25 (mit Anm.w), 26 (mit Anm.x), 154 und 300.

72 Z.B. Eintragungen 1, 67, 97 und 155.

73 Z.B. Eintragungen 67 und 158; einfache Todesvermerke passim.

74 Z. B. Eintragungen 52 und 140. Besonders bei diesen Eintragungen ließ sich oft schwer entscheiden, ob
sie bei Anlage des Buches entstanden oder ob es sich um spätere Nachträge handelt; vgl. oben Anm. 69.

75 Am 7. Dezember 1542 leiht Reichserbtruchseß Wilhelm dem Hans Lob von Dentingen einen Hof
daselbst, nachdem dieser sich mit Frau und Kindern in die truchsessische Leibeigenschaft ergeben hat (StAS,
Dep. 30, Friedberg-Scheer, Urkunde 370); ein dementsprechender Nachtrag fehlt im Leibbuch. Das gleiche
gilt für die Ergebung der Christina Nuber, Ehefrau des Mathis Pfister, zu Wolfartsweiler vom 25. Mai 1543
(ebd., Urkunde 374. Weitere Beispiele, die sich anführen ließen, liegen in den fünfziger Jahren des
16. Jahrhunderts, entstammen also einer Zeit, in der die Hand A möglicherweise nicht mehr tätig war). - Als
Beispiel einer Leibeigenschaftsergebung, die im Leibbuch vermerkt wurde, sei auf Eintragung 348
verwiesen; sie wird durch eine Urkunde vom H.März 1532 (StAS, Dep.30, Friedberg-Scheer,
Urkunde 334) bestätigt.

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