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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1990/0058
Stefan Uhl

Zusammenhang auch der Entstehungszeit des Bauwerkes selber ermöglicht. Überraschende
Korrekturen bisher auf formkritischem oder historischem Weg gefundener Datierungen
gehören seitdem zum Alltag des Bauforschers. Für Buckelquaderbauteile an Burgen der
Schwäbischen Alb liegen bislang keinerlei dendrochronologische Datierungen vor, und auch
im südwestdeutschen Sprachraum muß man die Zahl der auf diese Art gesichert datierte
Bauten auf nur wenige Beispiele eingrenzen35. Andererseits haben einzelne gesicherte Datierungen
bislang keinen Eingang in die Literatur gefunden. Eine wünschenswerte Intensivierung
der Forschung auf diesem Gebiet ließe mit Sicherheit noch interessante und wichtige Ergebnisse
erwarten.

d) Bau- und Kunstformen

Unter »Kunst«-formen seien hier nicht rein oder entscheidend technisch bedingte Baudetails
mit Ausnahme der Buckelquader verstanden, also Tür-, Tor- und Fenstergewände,
Säulen, Kapitelle, Kamine etc. ihre Zahl und auch ihre Aussagekraft ist im Bereich der
Schwäbischen Alb sehr gering; gerade in den Teilen, wo Sandstein als Baumaterial nicht zur
Verfügung stand, fehlen sie (heute) meist völlig. Die in den wenigen Bereichen mit Sandsteinvorkommen
anzutreffenden, zum Teil anspruchsvollen Kunstformen stehen deshalb im Bezug
zur Schwäbischen Alb isoliert da und müssen im Hinblick auf die angrenzenden Landschaften
mit Sandsteinverwendung bewertet werden. Da zudem eingehendere diesbezügliche Untersuchungen
praktisch gänzlich ausstehen, ergibt sich für den Bereich der Schwäbischen Alb eine
große Schwankungsbreite der Datierungsansätze, die mehr als eine allenfalls pauschale Einordnung
ohnehin nur weniger der hier behandelten Buckelquaderburgen in diese oder jene
Epoche nicht zuläßt.

Hinsichtlich der Bauformen hat Maurer einzelne Buckelquaderbauten im Nordwestteil

35 Voraussetzung einer gesicherten dendrochronologischen Datierung ist einerseits der hinreichende
Nachweis der Zeitgleichheit von datierten waldkantigen Holzteilen und der zu datierenden Konstruktion,
andererseits der Ausschluß einer längeren Lagerung oder der sekundären Verwendung der datierten
Bauhölzer. Die auf 1265 datierten Holzteile der Burg Cagliatscha in Graubünden beispielsweise stehen in
keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem dortigen Buckelquadermauerwerk (O. P. Clavadet-
scher, Werner Meyer: Das Burgenbuch von Graubünden. Zürich, Schwäbisch Hall 1984, S. 170). Am
Turm der elsässischen Burg Hoh-Egisheim wurde ein eingemauertes Balkenstück auf 1147 +/-10 datiert
(Christian Wilsdorf: Le chateau de Haut-Eguisheim. In: Congres archeologieque de France, 136.
Session 1978. Paris 1982, S. 170). An der Burg St. Ulrich bei Rappoltsweiler konnte ein Balken des Palas
mit 1201 datiert werden (Gilbert Meyer: Les trois chateaux de Ribeauville. Ebd., S. 91-103). Ein
Balkenstück in Lahr wies als letzten Jahresring (bei fehlender Waldkante) den des Jahres 1214 auf (Karl
List: Wasserburg Lahr, Beiträge zum Burgenbau der Stauferzeit. In: Burgen und Schlösser 1970/11,
S. 43-50; Ders.: Ergebnis einer jahresringchronologischen Untersuchung von Hölzern aus Burg Lahr. In:
Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg 12 [1969] S. 98,99). Der letzte Jahresring
eines Balkenstückes des Roten Turmes in Wimpfen wurde (bei fehlender Waldkante) mit 1166 datiert
(Peter Knoch: Die Errichtung der Pfalz Wimpfen - Überlegungen zum Stand der Forschung. In:
Forschungen und Berichte zur Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 8. 1983, S. 343-357;
Günter Binding, B.Schmidt: Die Datierung des Roten Turmes in der Pfalz Wimpfen. Ebd.,
S. 359-361). Alle diese Daten könnten allein einen terminus post quem für die Entstehung der zugehörigen
Mauerteile bilden, scheiden jedoch bei Lahr und Wimpfen als direkte Entstehungszeitpunkte aufgrund des
Fehlens einer Waldkante aus, während sie bei St. Ulrich und Hoh-Egisheim als direkte Entstehungszeitpunkte
nicht weiter wahrscheinlich zu machen wären. Aufgrund von bei Einzelproben nicht auszuschließenden
Fehldatierungen kommt jedoch keiner dieser oder ähnlicher Datierungen ein ernsthafter Beweischarakter
zu (»eine Probe ist keine Probe«)! Jüngere schweizerische Untersuchungen und Fehldatierungen
haben dies jüngst wieder bekräftigt (vgl. die durch neuere Forschungen u. a. in Diessenhofen zum Teil
korrigierten Ergebnisse der bislang unveröffentlichten Basler Dissertation von Daniel Reicke über
Findlingsmauerwerk und Bossenquader an Burgtürmen in der Deutschschweiz).

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