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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1990/0135
Flur- und andere Örtlichkeitsnamen als siedlungsgeschichtliche Quellen

ganze und 8 halbe Bauern34, das heißt Bauern mit vier beziehungsweise zwei Zugpferden im
Stall, so sind es 1754 nur 1 ganzer, 4 halbe, 8 viertel Bauern- und 11 Seidner- sowie 47
Tagelöhnerhaushalte. 50 Familien gewinnen ihren Lebensunterhalt überwiegend aus gewerblicher
Tätigkeit35, wenngleich sie alle etwas Grund und Boden besitzen, um Gemüse und
Getreide anzubauen. Die triste wirtschaftliche Lage der Bevölkerung hält schließlich 1762 eine
Randnotiz zur Bevölkerungszählung in drastischen Worten fest. Darin heißt es, daß in
Langenenslingen 33 Witwer und Witwen lebten, die sich beständig vom Bettel ernährten. Sie
seien nicht imstande, ihre halben Häuslein zu erhalten. Viele Tagelöhner seien zudem zu alt,
um sich im Taglohn den nötigsten Lebensunterhalt zu verdienen. Auch sie seien auf das
Betteln angewiesen36. Eine Bau- und Umbautätigkeit kann auf diesem sozialen Hintergrund
nur in sehr begrenztem Maß stattfinden. Die bauliche Entwicklung des Ortes erfährt darum in
dieser Zeit keine nennenswerten Impulse. Lediglich das Pfarrhaus, das Kaplaneihaus und die
Kirche St. Mauritius werden auf vorhandenen Hofstätten im barocken Stil neu erbaut beziehungsweise
erweitert37.

Bis in unser Jahrhundert bleiben die baulichen Veränderungen in Langenenslingen auf
einem niedrigen Niveau. Ein Vergleich der Ortsgrundrisse von 1844 und 1950 mag hierfür als
Beweis dienen. Plastischer noch belegen diese Siedlungsperiode die Bevölkerungszahlen. Sie
entwickelten sich im Verlauf der Jahre 1844 bis 1939 negativ, das heißt von 775 auf 696
Personen rückläufig38. Die kriegs- und nachkriegsbedingten Zuwächse bis 1950 sind dann
wesentlich dem Zuzug von Flüchtlingen und Vertriebenen zu verdanken. Seitdem wächst
Langenenslingen, hauptsächlich weil die Baulandpreise vergleichsweise niedrig sind.

So wie man mit Hilfe der urkundlichen Uberlieferung zeigen kann, daß Langenenslingen
eine gewachsene Siedlung ist, so kann man auch veranschaulichen, daß die Flur nicht von
Anfang an ihren heutigen Umfang hatte, sondern ebenfalls nach und nach zusammenwuchs39.
Zwar fehlen konkret datierte Nachweise, aber sie sind auch gar nicht erforderlich, da es eine
Reihe auffälliger und eindeutiger Rodungsnamen gibt. Hingewiesen sei auf die Flurnamen
Greuth(vcm reuten, roden), Bauernholz (für ein Grünlandareal), Löhle sowie Öschen-Loh
(Loh = kleines, lichtes Gehölz) oder Hart, die an einstigen Wald erinnern. Schließlich dürfen
hier auch Namen eingeordnet werden, die in der zusammengesetzten Form eine Baumart als
Bestandteil enthalten, wie zum Beispiel Lindenhalde und Öschenloh (das heißt Eschenloh).
Schon allein aus diesen wenigen Flurnamen geht hervor, daß es in Langenenslingen wohl zu
allen Zeiten Bemühungen gab, die Altackerareale, die wir in den Breiten fassen, um Zurodun-
gen oder Einfänge zu erweitern. Erst mit der Aufteilung von Allmendstücken zu Beginn des
19. Jahrhunderts endeten die Versuche, die in Rodungen sich spiegelnde Landnot auf quantitativem
Weg zu lösen.

3. WIRTSCHAFTLICHE AKTIVITÄTEN IM SPIEGEL DER FLURNAMEN

Die wichtigste Erwerbsquelle der Bevölkerung bildete in der Vergangenheit die Landwirtschaft
. Sie wurde bis zum Ersten Weltkrieg in der Form der zeigengebundenen Dreifelderwirtschaft
mit Flurzwang betrieben. Die drei Zeigen oder Ösche (Esche) wurden reihum mit
Winter- und Sommerfrucht bestellt und lagen im dritten Jahr brach. Allerdings hatte sich die

34 Quarthal, S. 194.

35 StA Sig., Ho 170 A 34 (Pak. 3), Familien- und Haushaltsbeschriebe der Grafschaft Veringen 1754/67.

36 WieAnm.35.

37 Vgl. die Angaben in Abschnitt 5.1.

38 Schäfer, S. 6 registriert im Zeitraum 1743-1872 für Langenenslingen 20 mit behördlicher Genehmigung
ausgewanderte Personen; vgl. auch dazu Loose, S. 170.

39 Im Habsburger Urbar von 1306 (S.406) werden bereits Neurodungen erwähnt: Da ligent och nüwe
gerüte und lantgarhen ...

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