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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1990/0179
Der Niedergang der Reichserbtruchsessen von Waldburg-Friedberg-Scheer

sehen der Herrschaft und den Untertanen auf. Da beide Faktoren zuweilen sehr eng
miteinander verknüpft waren, sollen sie hier gemeinsam abgehandelt werden55.

Es paßte zweifellos nicht in das Konzept der habsburgischen Hausmachtspolitik, Besitzungen
, die man einmal innegehabt hatte, auf Dauer aus der Hand zu geben. Gleichwohl
hatten weiterreichende Interessen und der dadurch hervorgerufene Finanzmangel das Erzhaus
wiederholt gezwungen, sich des Mittels der Verpfändungen zu bedienen, um das benötigte
Geld zu beschaffen56. Im Falle von Friedberg-Scheer hatte Herzog Sigmund von Tirol deshalb
sogar Besitzungen verkauft, was das Recht der Wiederlösung eigentlich ausschloß. Dessenungeachtet
versuchten die oberösterreichischen Erzherzöge und ihre Innsbrucker Regierung,
diesen Verlust später wieder rückgängig zu machen. Darüber gab es schon bald Auseinandersetzungen
, auf die wir hier im einzelnen jedoch nicht eingehen wollen.

Zu wiederholten malen boten Unruhen unter den Untertanen der Innsbrucker Regierung
Anlaß zu massiven Eingriffen in die Herrschaftstellung der Truchsessen von Scheer57.
Insbesondere das harte Regiment Christophs hatte Erbitterung und Widerstand hervorgerufen58
. So verweigerten aufständische Bauern und die Inhabungsstädte zeitweilig die Zahlung
ihrer Abgaben und wandten sich hilfesuchend an das Reichskammergericht und an Osterreich59
. Daraufhin verhängte Erzherzog Maximilian Anfang des 17. Jahrhunderts Arreste über
die Städte und Mannsinhabungen, ließ Gefälle beschlagnahmen und bestellte die truchsessi-
schen Untertanen auf die österreichischen Landtage. Er ließ sie sogar mit Steuern und

55 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß Aufstände selten die Gesamtheit der Untertanen
betrafen. Zuweilen widersetzten sich vorwiegend die Bauern, dann wieder eher die Stadtbevölkerungen.
Ein andermal waren es nur bestimmte Teilbereiche, in denen Unruhen herrschten, wie etwa die Herrschaft
Bussen oder das Amt Hohentengen. Diese Details werden im folgenden nicht ausdifferenziert, soweit es
im Kontext nicht erforderlich scheint.

56 Diese Verpfändungen hatten bereits im 14. Jahrhundert im Zuge des Thronfolgekampfes zwischen
Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen in nennenswertem Umfang eingesetzt. Dazu kamen die
habsburgischen Auseinandersetzungen mit den Eidgenossen im 14. und 15. Jahrhundert, die die Finanzen
Österreichs erheblich strapazierten. Anfang des 15. Jahrhunderts litt die Stellung des Hauses Habsburg
unter dem Vorgehen Kaiser Sigismunds gegen Herzog Friedrich IV. Weiterhin schadeten die schlechte
Haushaltsführung Herzog Albrechts VI. und die Verwicklungen, in die Herzog Sigmund hineingeriet, der
Position Österreichs. Die Folge davon waren große Verluste am Oberrhein, im Elsaß und in Oberschwaben
, womit die Bildung eines geschlossenen habsburgischen Territoriums im Südwesten des Reichs, rund
um den Bodensee, verhindert war. Gerade in Oberschwaben profitierten die Truchsessen von Waldburg
von diesen Entwicklungen und konnten sie zur Ausdehnung ihrer Macht und ihrer Besitzungen nutzen.
Vgl. dazu Feine: Territorium und Gericht. S. 169-212.

57 Vochezer: I. S. 668-667; II. S. 154-163, 336-340; III. Die Darstellung dieser Auseinandersetzungen
nimmt bei Vochezer in seinem gesamten dritten Band so breiten Raum ein, daß es aufgrund der sehr
gerafften Schilderung hier nicht möglich ist, die einzelnen Seiten zu zitieren.

58 Eine zusammenfassende Bewertung seines Verhaltens gegenüber seinen Untertanen findet sich bei
Vochezer: III. S. 304. Beachte ferner den Bericht über eine Rebellion 1591. Dazu ebd. S. 109-121. Daraus
wird deutlich, daß Christoph den Untertanen hohe Abgaben, Fronen und Strafen auferlegt hat. Vochezer
geht darüberhinaus auch an anderen Stellen auf Christophs Zwangsmaßnahmen und Probleme mit den
Untertanen ein, die jedoch hier nicht alle zitiert werden sollen. Das harte Regiment Christophs mag auch
im Zusammenhang damit gestanden haben, daß er seine Position ständig gegen die Ansprüche seiner
Brüder behaupten mußte. Vgl. dazu auch Pappenheim: Tl. II. S.365.

59 Eine zusammenfassende Charakterisierung der bäuerlichen Revolten bei Blickle: Deutsche Untertanen
. S. 92-105. Die dort vorgenommene Typisierung entspricht - was die oberdeutschen Verhältnisse
anbelangt - weitgehend den Verhältnissen in Friedberg-Scheer und den anderen Besitzungen der dort
herrschenden Truchsessen. Blickle versucht auch eine Charakterisierung der städtischen Revolten, die
allerdings in unserem Territorium nicht greift, da die Auseinandersetzungen mit den Donaustädten einen
wesentlichen Teil ihrer Ursachen in dem umstrittenen Mannsinhabungstitel hatten und es somit mehr um
Kompetenzfragen zwischen den Truchsessen und dem Haus Habsburg ging. S. dazu ebd. S. 105-111. Vgl.
auch Vochezer, wie Anm. 14.

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