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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1990/0207
Der Niedergang der Reichserbtruchsessen von Waldburg-Friedberg-Scheer

Untertanen gekostet hätten215. In der Rentamtsrechnung von 1708/09 wurde ausgewiesen,
daß der oberösterreichische Regierungssekretär Schachermayer allein für die Verkündung
eines Straf Urteils gegen die renitenten Untertanen 511 fl Honorar erhielt. Schachermayer
war aufgrund der Aufstände mit einer Kommission beauftragt worden deretwegen er sich
von September 1708 bis Januar 1709 in Scheer aufhielt. Zusätzlich zu seinem Honorar
entstanden so Konsumptionskosten von 1596 fl, die das dortige Rentamt aufzubringen
hatte216. Ein Jahr später führte Rentmeister Breinl an, daß der Administrationsherr -
gemeint war Graf Christoph Franz - für seine Unkosten 6489 fl zu fordern habe, die ihm
durch die »Renitenzprozesse« entstanden seien. Dazu kamen weitere Beträge wegen in
causa Scheer beschehene(r) Praesenten an Ministeriale der Innsbrucker Regierung217. Dabei
dürfte es sich zweifellos um Bestechungsmaßnahmen zur Erlangung eines vorteilhaften
Urteils gehandelt haben.

Diese wenigen Angaben geben zwar keinen Überblick über die Unkosten der Prozesse,
aber sie vermitteln doch einen Eindruck davon, welche verschiedenen »Gebühren« durch
solche Anlässe aufgebracht werden mußten. Umfassender äußerte sich der fürstenbergische
Geheimrat Geppert anläßlich einer Familienkonferenz 1751. Demnach hatte Graf Joseph
Wilhelm in den, bis dahin vierunddreißig Jahren seiner Regierung wegen der Untertanenprozesse
über 50000 fl aufwenden müssen218. Wenn diese Aussagen zuträfen, so hätten wir
darin eine sehr wesentliche Ursache des Schuldenzuwachses in der ersten Hälfte des
18. Jahrhunderts zu sehen.

Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, daß die Verweigerung der Abgaben zusätzliche
Verluste brachte. Die allerdings wurden, wenigstens teilweise, durch Bestrafungen oder
vertragliche Vereinbarungen wieder ausgeglichen219.

Bezüglich der Kosten der Prozesse mit dem Haus Habsburg fanden sich keine Angaben.
Diese dürften jedoch ebenfalls nicht unerheblich gewesen sein. Jedenfalls wurde die Beilegung
der Streitigkeiten, sowohl mit Osterreich, als auch mit den Untertanen, in den Zeiten der
Sequestration (1677-1687) als grundlegend für die Sanierung des Haushalts angesehen220.

Als vierte Komponente der Finanzkrise soll der herrschaftliche Unterhalt und die Hofhaltung
betrachtet werden. Wieviel Geld dafür von Jahr zu Jahr ausgegeben wurde, läßt sich
kaum nachweisen. Dazu wurden die Beträge in den Rentamtsrechnungen zu ungenau definiert
. Es gab darin wohl einige Rubriken, die sich auf Summen bezogen, welche der
Herrschaft unmittelbar ausgehändigt wurden oder speziell für die gräfliche Hofhaltung
Verwendung fanden. Sie dienten jedoch nicht immer der Hofhaltung an sich, sondern, gerade
in Zeiten, in denen die Gebührenkosten noch nicht transparent waren, der Deckung von
Prozeß-, Anwalts- und ähnlichen Ausgaben. Andererseits wurden in der Spalte für die Hausund
Hofhaltung oft gar keine Zahlen angeführt. Die fraglichen Aufwendungen erschienen
zumeist verdeckt in den Betriebskosten. So ist bei vielen Dienstleistungen zum Beispiel nicht
zu erkennen, ob sie den Ausgaben der herrschaftlichen Familie zuzurechnen sind oder der
Bewirtschaftung herrschaftlicher Liegenschaften. Dasselbe galt für den Einkauf von Pferden,

215 Rep.II, K.II, F. 23, Nr. 6.

216 Rep. I, F. 2, Nr. 209.

217 Rep.I, F. 2, Nr. 210.

218 Protokoll der Familienkonferenz vom 9. bis 20.März 1751. Rep.II, K.II, F.23, Nr. 17. Ferner ist
zumindest noch eine Urkunde erhalten, derzufolge Graf Joseph Wilhelm am 11. November 1723 vom
Kloster Habsthal 8000 Gulden wegen der in dieser leydigen Renitzenz der Untertanen notorie vast nit
mehr erschwinglichen uncösten aufnahm. U1055.

219 1708 wurden die aufständischen Untertanen z. B. zur Zahlung von insgesamt 9000fl Strafe verurteilt,
die sie dem Rentamt Scheer auch nach und nach entrichteten. Rep. I, F. 2, Nr. 209.

220 Deshalb stand dies mit an vorderster Stelle einer Reihe von Verbesserungsvorschlägen an die
kaiserliche Sequestrationskommission zwischen 1677 und 1687. Das Aktenstück trägt weder Angaben
über den Verfasser noch über das Erstellungsdatum. Rep.II, K.X, F.6, Nr. 1-3.

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