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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1990/0212
Jürgen Richter

Zinsrückständen. Das Kreditwesen hatte ein Eigenleben entwickelt, bei dem die Aufnahme
neuer Schulden praktisch nur noch der Abzahlung der alten diente. Selbst dafür aber reichte
sie nicht mehr aus. Umsomehr Beachtung muß es daher finden, daß es Graf Leopold August
gelang, diesen Kreislauf noch einmal zum Stillstand zu bringen, ja sogar umzukehren. Darauf
wird jedoch an anderer Stelle einzugehen sein.

Als Fazit bleibt festzuhalten: Die eigentlichen Ursachen der Verschuldung sind in erster
Linie in den geschilderten Vorgängen des späten 16. und des 17. Jahrhunderts sowie in ihrer
Verknüpfung zu suchen. Der weitere Anstieg war dann vorrangig auf die Eigendynamik des
Debitwesens zurückzuführen.

6. DIE FOLGEN DER VERSCHULDUNG UND DIE ANSÄTZE, SIE ZU MEISTERN

Anhand des bisher Gesagten wurde bereits deutlich, daß die erdrückende Schuldenlast die
wirtschaftliche Existenzfähigkeit der Reichserbtruchsessen und Grafen von Friedberg-Scheer
sehr in Frage stellen mußte. Es ist naheliegend, daß diese Entwicklung nicht ohne Einfluß auf
die politische Stellung der Grafen bleiben konnte. Daher wird hier zu zeigen sein, inwiefern
die wirtschaftliche Misere die Herrschaft der Truchsessen über das Territorium an sich
gefährdete und wie sie dem entgegentreten wollten. Dazu soll nun versucht werden, ein
Muster zu erstellen, das die negativen Auswirkungen der Schulden in ihrer Steigerung
charakterisiert. Die einzelnen Faktoren des so zu zeichnenden Bildes sind anhand einiger
konkreter Beispiele zu belegen.

An erster Stelle standen bei der Aufnahme größerer Kapitalien die Verpfändungen. Sie
konnten zweierlei Funktionen haben. Einmal dienten sie den Gläubigern allein als Sicherheit,
zum anderen - und das scheint häufig der Fall gewesen zu sein - erfolgte auch die Bezahlung
der Zinsen auf diesem Wege. Das geschah in der Weise, daß dem jeweiligen Geldgeber das
Recht eingeräumt wurde, die Nutznießung bestimmter Gefälle zu ziehen. Der inhaltliche,
zeitliche und räumliche Rahmen dieses Nießbrauchs wurde im Zuge der Kreditaufnahme
vertraglich geregelt. Als reine Sicherheit diente 1591 zum Beispiel das in der Grafschaft
Friedberg gelegene Dorf Beizkofen. Reichserbtruchseß Christoph setzte es als Unterpfand für
eine Anleihe von 4000 fl ein, die ihm der Abt von Sankt Blasien zur Verfügung gestellt hatte246.
Ebenso versicherten die Truchsessen Christoph Karl und Otto Mitte des 17. Jahrhunderts das
Hochstift Konstanz mit acht Höfen und Schupflehengütern für ihre dortigen Schulden247.

Dagegen wurden dem Abt Martin vom Reichskloster Schussenried für zehn Jahre die
hohe, forstliche und geleitliche Obrigkeit in Teilen der Grafschaft als Nutznießungspfand für
die Zinsen von insgesamt 10300 fl Kapital überlassen248. Graf Wilhelm Heinrich versetzte
1630 Johann Wilhelm von Stotzingen gegen 2700 fl auf Lebenszeit die Fischerei- und Jagdgerechtigkeit
zu Dürmentingen249. 1686 konnte das Heiratsgut der Gräfin Anna Maria Claudia
von Contz, einer geborenen Reichserbtruchsessin zu Friedberg, nicht aufgebracht werden.
Daraufhin trat sie ihre Ansprüche gegen Erhalt einer Abstandssumme an den Grafen Anton
Eusebius zu Königsegg ab. Dieser war somit zum Gläubiger geworden und drängte auf die
Erfüllung der Verpflichtungen. So erhielt er durch den Vergleichsvertrag vom 11. August 1686
Forstgerechtigkeiten in nennenswertem Umfang, den Großzehnt in verschiedenen Dörfern
und die Scheerer Ziegelhütte für sechzehn Jahre250. Die Beispiele ließen sich weit durch das
18. Jahrhundert fortführen. Zahlreiche Hoheitsrechte wurden auf diese Weise versetzt. Dane-

246 U789.

247 U942.

248 U782.

249 U858.

250 U981.

210


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