Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1991/0021
Die Brüder Frischlin und ihre Beziehungen zu den Grafen von Zollern

Seite ziehen. Hierbei bediente er sich der Tatsache, daß sich Graf Christoph schon vor vielen
Jahren (vor 1568), als junger Bursche anläßlich einer Jagd, mit Fritz Herter angelegt hatte.

Und Christoph war dem Tübinger Obervogt auch jetzt, zwölf Jahre später, noch nicht
grün. In einem Beschwerdebrief vom 25. Juni 1580 beklagt sich Herter bei Graf Christoph,
dieser habe neulich zu Stuttgart im »Adler« vor etlichen Hofjunkern gesagt, wenn sich Herter
rühme, er habe damals auf der Jagd dem Grafen ein Maulschellen gegeben, Wann [er] dann
sollichs rede vnnd vßgebe, so liege [er] (mit gunst zu melden) wie ein Schelm. Herter empfand
diese Äußerungen des Grafen als ehrenrührig. Am 13. Juli 1580 antwortete ihm Graf Christoph
, Frischlin habe ihm an einer Tafel im Hechinger Schloß im Beisein seines Bruders
Eitelfriedrich berichtet, Herter rühme sich unter seinesgleichen mit der längst verhallten
Maulschelle für den Grafen. Dies empfinde nun umgekehrt er, Christoph, als einen Angriff
auf seine gräfliche Ehre. Er nehme an, Frischlin werde zu seiner Aussage stehen. Dennoch ließ
sich der Graf nicht allzusehr vor Frischlins Karren spannen. Er beendete den Brief mit der
etwas hintersinnigen Bemerkung, deren Adressat nicht ganz eindeutig ist: Wann man nit in
dollen vnnd Vollen Vnder vnd Schlaafftrüncken... also vnhedechtlich heraus bladerte, so
bederfftes hernacher nit Vil revocierens... Aber wie der Vogel, also auch sein gesang, an dem
man [ihn] erkhennen solle1''.

Graf Christoph von Hohenzollern-Haigerloch war selbst ein recht bunter Vogel, der sich
nicht nur in der Konfessionsfrage bedeckt hielt30, der nicht nur seinen Bruder Eitelfriedrich,
dessen Belehrungen er nicht vertrug, zunehmend zu ärgern begann, sondern auch mit seinem
»Freund« Nikodemus Frischlin recht zweifelhafte Späße zu treiben pflegte. Mehrfach spricht
Frischlin davon, wie ihn der Graf vexiere, also foppe, necke und (nicht immer nur scherzhaft)
herausfordere31. Gelegentlich mußte der Dichter dem Grafen als eine Art Hofnarr herhalten.
Ein besonderes Licht auf den buntscheckigen Charakter Graf Christophs wirft sein Rotten-
burger Auftritt vom August des Jahres 1581, wo sich Frischlin und Christoph im Umfeld einer
Hochzeitsfeier begegneten.

Bei einem Nachtessen habe Frischlin zu des Grafen Ankunft über Tisch allerlei kurzweilige
Reden und Schwenk getriben, die Ime Grafen wol gefallen und fröhlich gewesen. Als aber
gedachter Frischlinus... darob wol bezecht worden, hette er sich vom Tisch hinweg und zu Bett
begeben. Als nach dem Schlaftrunk der Statthalter und der Landschreiber mit Graf Christoph
aus dem Schloß gegangen und in ein enges Gäßlin onfern vom Schloß, das Hafengeßlin
genannt, kommen were er Graf Christof von inen hinweg und das Geßlin hinab dermaßen
geloffen, das sie samt seinen Dienern ime nit gevolgen mögen. Und hin und wider in den
Gaßen mit Juchzen und Schreien sein fadenrecht gefürt under anderm auch, er sei hie gut
wirtembergisch, also daß die Bürger nit änderst vermaint, dann es weren Studenten von
Tübingen, betten auch in ihren Häusern oben zum Fenster und Leden heraus geschrien, ine
ainen Gerstensack, lutherischen Schelmen und Wirtemberger gescholten. Er Graf Christof
wiederumb zu inen hinauf geschrien, Ja, Er were ain Student und gut wirtemb ergisch, und sie
widerumb heßlich gescholten, dardurch dann sie heftig zu bederseitz mit hitzigen Reden und
Scheltworten dermaßen anainander gewachsen, daß der Schultheiß amtshalber darzu kommen
und sich darzwischen gelegt. Als sich Christoph mit dem Schultheißen duellieren wollte,
mußte der Landschreiber einschreiten.

Anderntags beim Frühstück in des Landschreibers Haus war Graf Christoph immer noch
in streitsüchtiger Stimmung. Der ebenfalls anwesende Frischlin klagt, Christoph hätte gleich
ganz schandlich und gottlose Wort unserer [evangelischen] Religion und anderer Sachen halber

29 Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 274 Bü 42, Schreiben vom 13.7.1580. - Uber diesen Zug seines Bruders
Christoph, der seine erenrierige spitz Wordt ...so general und verdeckt zu setzen wußte, daß niemandts
waist, wen es anlanget oder wer darmit gemeint ist, beklagte sich anno 1584 auch Graf Eitelfriedrich; siehe
Bernhardt (wie Anm. 10) S. 80.

30 Schmid (wie Anm. 5) S. 149.

31 So z.B. bei Schmid (wie Anm.5) S. 147.

19


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1991/0021