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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1991/0023
Die Brüder Frischlin und ihre Beziehungen zu den Grafen von Zollern

Vorgesetzten und Kollegen an der Universität bis hin zu seinen Dichterkollegen und Gönnern
auf all seinen Gebieten die besten Zeugnisse ausgestellt. Seinen Schülern und Studenten galt er
als glänzender Didaktiker, seinen Zuhörern begegnete er in überzeugender Rhetorik, seine
Dichtungen und Komödien wurden begeistert aufgenommen, seine leutselige und witzige Art
machte ihn zu einem beliebten Tischgenossen.

Neben seinem fachlichen und poetischen Talent (wenn nicht gar Genie) besaß Nikodemus
Frischlin jedoch charakterliche Eigenschaften, die ihn anecken ließen. Er besaß einen leicht
verletzbaren Stolz, der seine angenehme, ja teils unterwürfige Art bei Mißachtung und
Verleumdung in scharfe Angriffe auf seine Widersacher umschlagen lassen konnte. Mehrfach
hat er sich Freunde und Gönner zu erbitterten Feinden gemacht. Seinem ehemaligen Förderer
und späteren größten Feind Crusius fiel keine Klasse von Menschen ein, mit der sich Frischlin
nicht irgendwann einmal angelegt hat.

Und dennoch ist es Frischlin gelungen, sich durch sein dichterisches Genie bei Liebhabern
der Künste Sympathien und Bewunderung aufzubauen, die über seine charakterlichen
Unwägbarkeiten hinweg tragfähig blieben. Gegen den Widerstand seiner Beamten hat Herzog
Ludwig von Württemberg den arbeitslosen Dichter, dem man 1584 nach seiner Rückkunft aus
Laibach an der Universität Tübingen die Tür gewiesen hatte, erneut zu seinem Hofpoeten
gemacht.

Ebenso müssen wir die Möglichkeit ins Auge fassen, daß Graf Eitelfriedrich I. von
Hohenzollern-Hechingen von dem Menschen Frischlin vielleicht enttäuscht war, den Dichter
Frischlin aber durchaus verehrte. Man muß dazu sagen, daß es damals im südwestdeutschen
Raum (von Württemberg oder dem winzigen Hohenzollern im besonderen zu schweigen)
kaum Schriftsteller dieses Ranges gab. Und Frischlins Komödien wurden trotz seiner Verfolgung
im eigenen Land und auch nach seinem Tod in den Jahren zwischen 1585 und 1600 an
zahlreichen Orten Deutschlands gespielt34. Sogar die Jesuiten, Kampftruppen der Gegenreformation
, besaßen Werke des Protestanten Frischlin und empfahlen seine Stücke als nachahmenswert35
. Zu dieser Wertschätzung Frischlins paßt auch reibungslos, daß sich in der
Hofbibliothek Graf Eitelfriedrichs in Hechingen »Jacobi Frischlini Hildegardis Magna«
befand36. Gemeint ist sicherlich eine Übersetzung von Nikodemus Frischlins 1579 in Stuttgart
uraufgefühter historischen Komödie um die Frau Karls des Großen.

Damit ist ein wichtiges Stichwort gefallen, das einen zweiten Pfeiler unter der Brücke
zwischen Nikodemus und Jakob Frischlin bildet. Sicherlich hatte der Name Nikodemus
Frischlins als Autor am Hof Eitelfriedrichs noch immer - und nach des Poeten tragischem
Tod, den man aus hohenzollerischer Sicht als Märtyrertod betrachten konnte, vielleicht erst
recht - einen guten Klang. Dies hatte aber sicherlich auch damit zu tun, daß Nikodemus'
jüngerer Bruder Jakob sich berufen fühlte, das Unrecht, das jenem widerfahren war, wieder
gutzumachen, den Ruhm des zu früh gestorbenen Poeten aufrecht zu erhalten und seine
Stücke durch deutsche Übersetzungen spielbarer zu machen. Jakob Frischlin hatte somit an
der Wirkungsgeschichte von Nikodemus Frischlins Werk einen unschätzbaren Anteil. Um es
mit Richard Schade zu sagen: »Nicodemus Frischlin dichtete die Dramen, Jacob sorgte für
ihre Verbreitung im deutschsprachigen Raum«37.

Wenn wir betrachten, womit der Schulmeister Jakob Frischlin bis 1598, dem Jahr seiner
Bestellung zur Hechinger Hochzeit, schriftstellerisch an die Öffentlichkeit getreten war, dann
erschöpft sich die Titelliste vollständig in der Übersetzung und Herausgabe von Werken

34 Röckelein-Bumiller (wie Anm. 1) S. 102ff.

35 Das Exemplar des Stadtarchivs Balingen von Frischlins Sechs Komödien (Straßburg 1596) trägt als
(vermutlich zeitgenössischen) Provenienzvermerk »Collegij Soc. Jesu Neoburgi«. Die Jesuiten in Freiburg
besaßen übrigens 1633 Frischlins »Hebräis« (Straßburg 1599), heute Universitätsbibliothek Freiburg,
Sign. D 8521.

36 Schmid (wie Anm. 5) S. 588.

37 Schade (wie Anm. 2) S. 157.

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