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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1991/0024
Casimir Bumiller

seines Bruders. 1585 lag »Julius redivivus« auf deutsch vor, 1588 und 1589 folgten Übersetzungen
von »Rebecca« und »Susanna«. 1596 veröffentlichte Jakob den dritten Dialog des
»Poppysmus«, einer Streitschrift seines Bruders gegen den Tübinger Professor Martin Cru-
sius. Mehr kannte die Öffentlichkeit nicht vom literarischen Wirken des überaus produktiven
Schulmeisters. Das heißt, der Name, den sich Jakob Frischlin bis 1596 gemacht hatte, beruhte
auf der Nachahmung und Übertragung der Werke seines Bruders. Was der »Poeta et
Historicus Wirtembergicus«, wie sich Jakob Frischlin unbefugt nannte, selbst schriftstellerisch
auf der Pfanne hatte, das blieb der literarischen Öffentlichkeit bis dato noch verborgen.

Dabei quollen die Schubladen des Schulmeisters vor Geschriebenem über. Seit dem Antritt
seiner ersten Stelle in Waiblingen 1578 hatte Jakob Frischlin unermüdlich Daten und Material
zu allerlei württembergischen Chroniken und historischen Landesbeschreibungen gesammelt.
Hinzu kamen Städtechroniken, Genealogien des Hauses Württemberg und Lobgedichte auf
einzelne Herzöge. Alleine die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart bewahrt heute
nicht weniger als zwanzig ungedruckte Werke Frischlins.

Mehrfach überreichte Jakob Frischlin seine württembergischen Chroniken und Chorogra-
phien Mitgliedern des Herzogshauses in der Hoffnung, diese würden eine Drucklegung der
Manuskripte fördern, doch diese Hoffnung blieb bis an sein Lebensende unerfüllt. Die
württembergischen Zensoren, die Frischlins historiographische Versuche zu begutachten
hatten, darunter der Arzt und Landeshistoriker Oswald Gabelkover, urteilten, daß die forma
aber und das genus dicendi non est historicumw und fanden seine Versuche wenig Schaz
werth39.

Auch das literarische Werk, mit dem Frischlin nach 1598 ans Licht treten sollte, wurde von
der Nachwelt durchweg distanziert bis negativ beurteilt. Nach Scherer ist Jakob Frischlin ein
tactloser Mensch und unbedeutender Vielschreiber, den man wohl als eine neue verschlechterte
Ausgabe seines Bruders bezeichnen kann... Ein Theaterstück eigener Mache, der »Hans von
Württemberg« (1609), [gemeint ist sicher »Ein... Comoedia/Von dem... Graff Hansen«
(Straßburg 1612), vgl. Anm. 42] ist in Erfindung und Ausführung ... über alle Begriffe elend.
Sprache, Vers und Reim sind bei ihm durchweg äußerst roh und ungebildet^. Schade urteilt
differenzierter: ... letzten Endes zeugen die Werke [J. Frischlins] von einer stilistischen
Biederkeit, die in der präabsolutistischen Epoche unzeitggemäß zu werden begann und nicht
mehr geschätzt wurde*1.

Dies ist zwar die Einschätzung der Nachwelt. Doch auch zu Frischlins Lebzeiten wollen
wir festhalten, daß er Mühe hatte, seine Werke zu veröffentlichen, und daß eine seiner
Komödien, die er dem Herzog von Württemberg gewidmet hatte, nach ihrem Erscheinen in
Stuttgart Anstoß erregte42. Für unseren Zusammenhang ist jedoch wichtig, daß Frischlin bis
1598 mit selbständigen literarischen Versuchen noch nicht herausgekommen war und insofern
sein zweifelhafter Ruf, den er sich später in Württemberg erwerben sollte, noch nicht wirksam
war. Er konnte bis 1598 als durchaus begabter Übersetzer gelten, der durch die Schule seines
geschätzten Bruders Nikodemus Frischlin gegangen war und Hoffnungen auf würdige
Nachfolge weckte.

38 Krauss (wie Anm. 2) S. 84.

39 Schade (wie Anm. 2) S. 158 (nach Moser).

40 Scherer (wie Anm. 2).

41 Schade (wie Anm. 2) S. 158.

42 Jakob Frischlin: Ein ... Comödia/Von dem ... Graff Hansen. Straßburg 1612. Eingesehen wurde
das Exemplar der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart, Sign. D. D. qt. 73. Vgl. Strauss (wie
Anm.l)S.352.

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