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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1991/0025
Die Brüder Frischlin und ihre Beziehungen zu den Grafen von Zollern

7. JAKOB FRISCHLIN UND GRAF EITELFRIEDRICH I.
VON HOHENZOLLERN-HECHINGEN

Dies dürften die Voraussetzungen für eine Begegnung Jakob Frischlins mit Graf Eitelfriedrich
von Hohenzollern gewesen sein. Dabei ist nicht erkennbar, wer von den beiden den
ersten Schritt getan hat, ob sich Frischlin »offiziell« um die Beschreibung der Hohenzolleri-
schen Hochzeit beworben hat oder ob der Graf auf den (seit 1595) Reutlinger Schulmeister
zugegangen ist. Möglich ist auch, daß Frischlin durch sein Wirken in der benachbarten
Reichsstadt schon einige Zeit vor 1598 zu bestimmten Anlässen in Hechingen verkehrte, so
daß sich seine Bestallung als »hohenzollerischer Hofpoet« relativ organisch ergeben hätte.
Diese Vermutung stützt sich auf die Tatsache, daß sich Jakob Frischlin, der selbst offensichtlich
ein guter Schul- und Kirchenmusiker war43, der Bekanntschaft und Freundschaft mit
verschiedenen angesehenen Musikern rühmte, die am Hechinger Hof wirkten, so mit Ferdinand
di Lasso (1585-90 Kapellmeister in Hechingen, 1598 Mitwirkender an der hohenzolleri-
schen Hochzeit), mit Narzissus Zängel (1590—95 und 1598/99 Kapellmeister in Hechingen)
und mit Jakob Haßler (1597-1601 Organist in Hechingen)44.

Mit Lasso hatte schon 1585 Nikodemus Frischlin in der Lechner-Affäre Bekanntschaft
gemacht45. Es wird also denkbar, daß Jakob Frischlin, wie sein Bruder Jahre zuvor über den
Kreis der Musiker Zugang zum Hof Eitelfriedrichs gefunden hat und daß er sich wie jener in
der Gesellschaft der Musiker einer universitas der Künstler zugehörig fühlte. Frischlin, der
sich schon immer zu Höherem berufen fühlte und der sein Schulmeisterleben eher aus Not
angetreten hatte, sah mit seinem Aufstieg zum »hohenzollerischen Hofpoeten« die realistische
Gelegenheit für eine echte Künstlerlaufbahn gekommen. Und tatsächlich sollten die Jahre
zwischen 1598 und 1602 zu seinen erfolgreichsten werden.

Im Oktober 1598 verheiratete Graf Eitelfriedrich von Hohenzollern-Hechingen seinen
einzigen Sohn Johann Georg mit Franziska, Wild- und Rheingräfin von Salm-Neufville. Die
sorgfältig vorbereitete Hochzeit richtete er aus nach berühmten Vorbildern großer Hoffeste
wie der bayerischen Hochzeit von 1568, die er als junger Mann selbst erlebt hatte. Eine Rolle
spielten aber sicher auch die beiden württembergischen Hochzeiten von 1575 und 1585 (beide
von Nikodemus Frischlin beschrieben), denen er nachzueifern gedachte.

Die Hochzeitsfeierlichkeiten gingen dann vom 9. bis 19. Oktober in Hechingen und
Umgebung mit einer in hohenzollerischen Landen nie dagewesenen Prachtentfaltung über die
Bühne. »Über die Bühne« ist schon deshalb der richtige Ausdruck, weil diese ganze Hochzeit
tatsächlich im Sinne eines theatralischen Ereignisses inszeniert war und sich damit im Reigen
der großen südwestdeutschen Renaissance-Hoffeste einen eigenständigen Platz erobert hat46.
Über den Verlauf sind wir durch die Beschreibung des Basler Arztes Felix Platter47 und
natürlich durch Jakob Frischlins poetische Aufbereitung der Feier48 bestens unterrichtet. Die
Hochzeit, die 984 Gäste mit 865 Pferden in die Stadt Hechingen gebracht hatte (Hechingen
hatte damals vielleicht gerade 1000 Einwohner), strebte über zehn Tage hinweg von Kirchgängen
, üppigen Gastmählern, Schauessen, morgendlichem Fanfarenblasen, Konzerten, Kirchenmusiken
, Tänzen, Mummereien, Turnieren, Ringelstechen und Jagden im zollerischen »Tier-

43 Gute Kenntnisse der Musik gehörten zu den Bedingungen seiner Bestallung als Schulmeister in
Reutlingen. 1597 begründete er die Bitte um eine Sonderzulage an Wein mit seinen Leistungen in der
Kirchenmusik; Krauss (wie Anm.2) S. 76ff., vgl. Mall (wie Anm.2).

44 Schmid (wie Anm. 5) S. 225 ff.

45 Schmid (wie Anm. 5) S. 226.

46 Siehe hierzu etwa Ludwig Krapf-Christian Wagenknecht: Stuttgarter Hoffeste. Tübingen 1979.

47 Wie Anm. 27.

48 Jakob Frischlins Hohenzollerische Hochzeit. 1598. Beitrag zur schwäbischen Sittenkunde, hrsg. von
Anton Birlinger. Freiburg i.Br. 1860. Umfangreiche Auszüge auch bei Schmid (wie Anm. 5)
S. 591-609.

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