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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1991/0100
Otto H. Becker

meistern und Lehrerinnen. Ihnen folgte der Großbauer mit Bäuerin, Hochzeitsleuten, Gemeindeledigen
, ein Gesangverein, ein Vertreter der Zukunftsuniversität Sigmaringen, eine Kamerun-
und Kongonegergesellschaft und rumänische Bauern. Dann folgte das Bräuteln.

Zur Vermählung des Erbprinzen Wilhelm von Hohenzollern am 27. Juni 1889 zeigte man auf
dem Umzug am Fastnachtsdienstag 1890 die am 24. Februar 1749 stattgefundene Hochzeit des
Erbprinzen Karl Friedrich mit der Gräfin Johanna von Hohenzollern-Bergh. Der Festzug war
von solchem Glanz und von einer solchen Pracht, daß nach dem Urteil der Hohenzollerischen
Volkszeitung keiner der früheren Maskenumzüge mit ihm vergleichbar war. Am Fastnachtsdienstag
1892 wurde eine Riesenfigur »Sigmaringerein« auf einem Wagen durch die Straßen
gezogen, dem Dominos, alte Weiber, Fledermäuse, Zigeuner und andere Masken folgten.

Auch anläßlich der am 10. Januar 1893 stattgefundenen Hochzeit des Kronprinzen Ferdinand
von Rumänien, Prinzen von Hohenzollern, mit der Prinzessin Maria von Großbritannien und
Irland fand am Fastnachtsdienstag wieder ein großer historischer Bräutlingsumzug statt. Zur
Bräutlingsfeier des Prinzen Karl, des jüngsten Sohnes des Fürsten Leopold, der sich am 28. Mai
1894 mit seiner Cousine, der Prinzessin Josefine von Belgien vermählt hatte, verzichtete man zwar
auf einen Festumzug, führte dafür aber am Fastnachtsdienstag 1895 eine große schwäbische
Bauernhochzeit unter dem Titel »Die Hochzeit des Wentelbauern Hansjörg mit dem Bärbele
vom Burghof« auf.

1900 wurde wieder ein Fastnachtszug zur Bräutlingsfeier veranstaltet. Dabei wurden auf drei
Wagen drei verschiedene Zeitalter der Sigmaringer Fastnacht vorgeführt: Auf dem ersten Wagen
war die Fastnacht in ihrer höchsten Blüte mit Harlekins und anderen Masken dargestellt, auf dem
zweiten befand sich das Sinnbild der damaligen Fastnacht, des Prinzen Carneval, der als kranker
Mann von Dr. Eisenbart mit Eisbeutel und Medikamenten behandelt wurde; auf dem dritten
Wagen schließlich befand sich der »Sigmaringer letzte Hoffnung«, dargestellt durch maskierte
Kinder als Samen für das hoffentlich kommende Sigmaringer Maskenleben. Das Thema für den
Umzug 1901 war die »Enthüllung eines Denkmals des Prinzen Carneval«. Im nachfolgenden Jahr
wurde am Fastnachtsdienstag eine Aufführung mit dem Thema »Gefangennahme, Verurteilung
und Hinrichtung des berüchtigten Sigmaringer Kastengeists« gezeigt. Am Fastnachtsdienstag
1904 veranstaltete der Bürgerverein eine Zigeunerhochzeit.

Bei dem 1906 veranstalteten Maskenzug um die Stadt befand sich auch eine Gruppe
»Maskerasome«, mit der man die Hoffnung auf das Wiederaufblühen der Sigmaringer
Fastnacht verband. 1907 präsentierte der Bürgerverein vor dem Bräuteln einen kleinen Umzug
mit der Mannschaft der Jacht »Zibebe«.

Die Fastnacht 1908 brachte wieder einen Höhepunkt des närrischen Treibens auf der
Straße. Das Programm kündigte für Fastnachtsdienstag die »Unglaubliche, Geheimnisvolle,
Rätselhafte und Wunderbare, nach 25jähriger Pause allhier wieder eingetroffen« an: Die
Wundermühle sollte in ihrem Hauptgang »den vom Zahn der Zeit angeknabberten weiblichen
Wesen, die verloren geglaubte Jugend und Schönheit wieder verschaffen«, außerdem sollten
durch technische Vervollkommnung neu eingebaute Mahlgänge nicht weniger Wunderbares
vollbringen, u.a. den Vereinsmahlgang, wobei festgestellt wurde, daß ein Versuch, das
Museum, den Männerchor und den Bürgerverein zu vermählen ohne vorherige gründliche
Säuberung das Mühlwerk ruinieren würde.

Bei den Mahlgängen, die programmgemäß auf dem Marktplatz stattfanden, wurde am
Schluß noch ein uraltes Weiblein herbeigeführt, bei dessen Anblick der Müller erschrocken
ausrief:

Du lieber Gott es ischt a Graus,
das Weib sieht aber traurig aus!

Die Antwort lautete:

S'isch arg, s'will se koi Mensch kenna,
s'ischt d'Fasnet ja vo' Semmeringa.

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