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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1991/0103
»Nauf auf d'Stang«

Auch die Zigeunerlager sind, worauf Walther Frick einmal hingewiesen hat, damals auf
dem Marktplatz aufgekommen, die inzwischen wieder feste Institutionen der Semmerenger
Fasnet darstellen. Zigeunergruppen spielten übrigens im hiesigen Fastnachtsbrauchtum schon
früher eine wesentliche Rolle. Bereits 1892 waren auf dem Fastnachtsumzug Zigeuner
vertreten. 1904 stellte der Bürgerverein auf vier Wagen eine Zigeunerhochzeit dar. Diese
starke Präsenz von Zigeunern dürfte, auch wenn dies heute kaum noch jemandem bewußt ist,
vor allem aus der traditionell engen Verbindung der Sigmaringer Fastnacht mit der Geschichte
des Fürstl. Hauses Hohenzollern erwachsen sein, wovon ein Zweig zur Königsdynastie
Rumäniens aufgestiegen war.

Auch nach dem 2. Weltkrieg waren Fastnachtsveranstaltungen unter freiem Himmel fürs
erste verboten. Doch schon bei der ersten Fastnacht, die 1949 wieder ohne Beschränkungen
durchgeführt werden durfte, formierte sich am Fastnachtsdienstag in der Frühe ein Festzug
bei der Stadthalle mit Reitern, dem hohen Elferrat, den Bräutlingsgesellen, der Stadtkapelle
mit einigen Wagen und Gruppen, der sich dann seinen Weg durch die Innenstadt zum
Marktplatz bahnte, wo dann das historische Bräuteln stattfand. Auch 1950 wurde wieder ein
Umzug zusammengestellt, an dem Jung und Alt mit Begeisterung teilnahmen. Erst nach einer
Pause von 10 Jahren, am Fastnachtssonntag 1960, war man wieder imstande, einen Umzug mit
einzelnen Gruppen und Wagen zu gestalten. Das Glanzstück war dabei die Fürstl. Kogge
»Windjammer«, auf deren Bug Fürst Friedrich von Hohenzollern in Kapitänsuniform stand.

An originellen Einfällen hat es in der unmittelbaren Nachkriegszeit keineswegs gefehlt. So
begann beispielsweise 1950 der spätere Obernarrenrat des »Vetter Guser«, Anton Beck, damit,
als Drehorgel spielender »Invalide« zusammen mit einer ärmlich gekleideten Frau am
»Auselige« für die Strohdorfer Schwestern Geld zu sammeln. Als sich dann aber Unnmut regte,
man dürfe mit der Invalidität keinen Schindluder treiben, bettelten die beiden Akteure als
Clowns mit ihrer Drehorgel in den Gasthöfen und auf den Straßen der Stadt. Dieser Brauch am
»Auselige« wurde 1980 nach der Auflösung der Strohdorfer Schwesternstation aufgegeben.

Mit einer weiteren Varianten der Straßenfastnacht wartete in der 2. Hälfte der 50er Jahre
die Vorstadt auf, wo man am »Auselige« um 15.00 Uhr zur Freude der »Mäschkerle« eine
lustige Brunnenfigur enthüllte. Diese gelungene Narretei, bei der 1958 eine Struwwelpeter-
Figur aus dem Vorhang gezaubert wurde, fand jedoch infolge des Ablebens des Initiators nach
1959 keine Nachahmung mehr.

In den 50er und 60er Jahren fanden, worauf oben schon hingewiesen wurde, auch keine
großen Umzüge mehr in Sigmaringen statt. Diese wichtige Ausdrucksform der Sigmaringer
Fastnacht war nur noch partiell am »Auselige« lebendig, wenn die Kinder und Jugendlichen
nach der Schülerbefreiung hinter der Chaise in die Innenstadt einzogen. Erst ab 1979 konnte
dann vor allem dank des Engagements der Narrenzunft »Vetter Guser« dieser alte Brauch der
Straßenfastnacht wieder zu neuem Leben erweckt werden.

Wichtige Impulse zur Wiederbelebung der Fastnachtsumzüge gingen dabei sicherlich von
den drei großen Narrentreffen aus, die der »Vetter Guser« mit der Unterstützung von Stadt
und Landkreis in Sigmaringen organisierte, und vom Ringtreffen des Alb-Lauchert-Ringes,
bei dem die Hanfertäler Eulenzunft Gastgeber war.

Bei dem ersten großen Narrentreffen am 26. Januar 1969 zogen insgesamt 28Zünfte mit
rund 2400 Maskenträgern durch die Stadt. Die Schwäbische Zeitung berichtete über dieses
denkwürdige Ereignis u.a.: Viel traditionsreiches schwäbisch-alemannisches Brauchtum war -
erstmals original - in Sigmaringen zu sehen und zu erleben; aber auch Zeitgemäßes aus Staat
und Kommunen war auf Wagen und in Gruppen oft witzig, auch einmal sarkastisch aufgespießt
. Noch zeigten sich manche Zuschauer ungeübt, als Hexen und Böcke, Katzen, Füchse
und viele andere Maskenträger sie in ihr närrisches Treiben miteinbezogen. Noch ging das
Volk, das dicht die Straßen säumte, nicht immer mit dem Maße mit, wie es wohl in den
traditionsreichen Narrenstädten mit oft hundertjähriger und längerer Geschichte solcher
Narrentreffen geschieht...

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