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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1991/0110
Otto H. Becker

Doch dort ist ihr Verweilen nur von kurzer Dauer: Um 9.00 Uhr fahren der Präsident der
Narrenzunft, Franz Prinz von Hohenzollern, und Brauereibesitzer Peter Fleischhut mit ihrer
von zwei Pferden gezogenen Chaise oder Zollernkutsche an den Schulen und Kindergärten
vor und befreien mit Unterstützung des Narrenrats, der Fledermäuse und des Spielmannsund
Fanfarenzugs sowie der Stadtkapelle die Kinder und Schüler und beschenken sie
großzügig mit Bonbons, Würsten, Orangen und Brezeln. Die Befreier ziehen dann mit den als
Cowboys, Punker, Clowns, Indianer, Piraten, Prinzessinnen, Haremsdamen u. ä. verkleideten
Schülern mit Musik und »Freut Euch des Lebens« vom Josefsberg über die Hedinger Straße
und Karlstraße in die Innenstadt, wo dann gegen 11.00 Uhr ein allgemeiner Umzug stattfindet.

Nach dem Umzug können sich die Akteure dann im Zigeunerlager des »Vetter Guser« auf
dem Marktplatz mit Pommes frites, heißen Roten und mit Glühwein wieder stärken und
aufwärmen. Zur Unterhaltung stehen ferner zahlreiche Spieltische mit Flaschenzug-Spielen,
Mohrenkopfschleudern, Glücksrädern und dergleichen bereit. Seit kurzem erfreuen sich dort
auch das Wurstschnappen und die Brunnenenthüllung der »Sigmaringer Hänsele« großen
Zuspruchs. Reißenden Absatz findet auch das Angebot des Zigeunerlagers auf dem Anwesen
von Landwirt Kleck im Hanfertal. Bereits gegen 13.00 Uhr pflegt dort der Eintopf, die heißen
Roten und der Glühmost ausverkauft zu sein.

Von dem närrischen Treiben am »Auselige« bleiben auch die zahlreichen Behörden und
öffentlichen Einrichtungen der Stadt nicht verschont. Vor allem im Landratsamt, das nicht nur
von den Sigmaringer Zünften, sondern auch von denen der anderen Städte des Landkreises,
beispielsweise von den Saulgauer Hexen oder den Stettener Böcken, heimgesucht wird, ist ans
Arbeiten nicht mehr zu denken. Folgerichtig begeben sich die Bediensteten der Behörden und
Gerichte nachmittags in die Gasthäuser, um dort mit den übrigen Narren zusammen Fastnacht
zu feiern. Einzelne Ämter spielen sogar zum Tanz auf oder führen närrische Programme
vor.

Nachmittags geht's auch im Stadtteil Brunnenberg hoch her, wenn der Narrenbaum auf
dem Zimmermannsplatz von Bergschultes Dannegger gesetzt und anschließend die Mäsch-
kerle auf der Stange um diesen herumgetragen werden. Nach dieser Art des Bräuteins ziehen
die versammelten Narren dann gemeinsam ins Erzbisch. Kinderheim Haus Nazareth, wo die
Kinderfastnacht gefeiert wird. Nach dem Narrenbaumsetzen im Hanfertal laden die »Eulen«
zur Kinderfastnacht im »Schwarzen Ritter« ein.

Um 19.00Uhr findet dann traditionsgemäß der Ball des Gesangvereins »Frohsinn« in
der Stadthalle statt. Um einen Eindruck von der Stimmung auf den Frohsinn-Bällen zu
vermitteln, soll hier in Ausschnitten ein Bericht der Schwäbischen Zeitung vom 13. Februar
1988 wiedergegeben werden: Jetzt ist wieder die Zeit, in der die Männer das Fasnetshäs an -
und die Eheringe ausziehen. Willi Pfaff eröffnete am Donnerstag den »Frohsinn«-Ball in der
geschmackvoll auf »Chinesisch« getrimmten Stadthalle mit flotten Sprüchen und sprühendem
Witz. Das Publikum ließ sich anstecken von des Humoristen guter Laune und beherzigte bis
spät in die Nacht hinein, was der »Frohsinn«-Chor unter Hanspeter Gökes Leitung gleich zu
Beginn schwungvoll forderte: »Wir machen kräftig mit«.

Die Sängerinnen und Sänger unter Herbert Birmele machten es den Narren im Saal, unter
ihnen Innenminister Schlee, leicht, in guter Stimmung zu bleiben, denn das Programm bot
alles, was das Herz eines Fasnetball-Besuchers höher schlagen läßt: Pep und »Pfiff«, frischen
Gesang, flotten Tanz, erheiterndes Spiel und belustigende Wortbeiträge, eine »fette Weide« für
die Augen, einen üppigen Schmaus für die Ohren...

Nach einem netten Hamburger »Schnack« präsentierten »Kuddel & Co.« (Karl Karstens
mit Ewald, Bärbel, Marietta und Gudrun) zu Gitarren- und Schifferklaviermusik zünftiges
Seemannslied: »Es trinken die Matrosen/am liebsten Spirituosen/am liebsten Rumfallera...«
Dem Quintett fiel es nicht schwer, das Publikum »rumzukriegen«; es trällerte den Refrain
begeistert mit. Als Zugeständnis an die Schwaben folgte der Ohrwurm »Auf 'em Wasa graset
d'Hasa«...

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