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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0162
Wolfgang Schaffer

Sigmaringen gekündigten Vinzentinerinnen zu erbitten. Eine Besprechung zwischen der
Generaloberin, dem Regierungspräsidenten von Sydow, dem Geheimen Regierungsrat Mock
und dem Schulrat Pfarrer Lampenscherf vom 9. 6. 1858 trug in dieser Hinsicht einiges zur
Klärung bei und bewirkte vor allem die Gründung der Niederlassung der Schwestern in
Sigmaringen. Pauline von Mallinckrodt erklärte jedenfalls ihr Einverständnis, preußische und
geprüfte Lehrerinnen für die Übernahme von Mädchenschulen in den Hohenzollernschen
Landen zur Verfügung zu stellen und sich dabei an die schulfachlichen Vorschriften zu halten.
Gleichzeitig erklärte sie ihre Bereitschaft, mit Beginn des Winterschuljahres 1858/59 die zwei
oberen Mädchenklassen sowie die Industrie- und Sonntagsschule für Mädchen in Sigmaringen
zu übernehmen49.

Noch wurden diese von Schwestern aus der Genossenschaft des hl. Vinzenz von Paula
geleitet, welche von Pfarrer Geiselhart im Jahre 1851 zunächst für eine Privatmädchenschule in
seiner Wohnung, seit 1853 auf einer Provisoratsstelle der städtischen Schulen eingesetzt
worden waren. Diese mußten jedoch bis Ostern 1858 ihre Tätigkeit aufgeben, nicht zuletzt,
weil es in Sigmaringen erhebliche Widerstände gegen ihr Wirken gegeben hatte und sie nicht
über das preußische Indigenat verfügten50. Schließlich sollte im Herbst 1858 auch eine private
Töchterschule von den Schwestern der christlichen Liebe eröffnet werden, zur Befriedigung
des über die Leistungen der Volksschule hinausgehenden Bedürfnisses^.

Leicht scheinen es die westfälischen Schwestern in Sigmaringen nicht gehabt zu haben und
die Vorurteile, die bereits gegenüber den Vinzentinerinnen nicht ohne Wirkung geblieben
waren, wirkten offenbar noch eine Zeitlang nach. Hinzu kam, daß eine Konventualin sich
offensichtlich berechtigte Kritik an ihrer fachlichen Qualifikation zugezogen hatte, welcher
indes mit ihrer Abberufung die Grundlage entzogen wurde. Im Jahre 1860 kam es sogar zu
einer Initiative des Gemeinderates, die Schwestern wieder zu entfernen. Es ist aber bezeichnend
, daß es dem jungen Konvent zu keiner Zeit an einer Unterstützung aus der Bevölkerung
fehlte, wo sich sogar ein eigenes Komitee zum Verbleib der Genossenschaft bildete; auch der
Fürst und die Fürstin von Hohenzollern setzten sich ausdrücklich für einen ferneren Verbleib
ein. Die Spannungen legten sich schließlich, nachdem die Schwestern der christlichen Liebe im
September 1861 ihre Schule als sogenannte Familienprivatschule verselbständigen konnten
und sie damit seitdem in Konkurrenz zur städtischen Mädchenschule standen52.

Die Schwestern der christlichen Liebe erhielten in Sigmaringen für ihre Tätigkeit an den
Elementarschulen 800 Gulden im Jahr sowie das erforderliche Brennholz; durch Weihnachtsgaben
kamen darüber hinaus noch einmal zwischen 50 und 150 Gulden zusammen. Die
Schulkosten wurden durch freiwillige Beiträge der Eltern getragen, ärmere Kinder dagegen
unentgeltlich unterrichtet. Auch für die Bewahrschule wurde ein geringer und sozial gestaffelter
Beitrag erhoben. Pensionärinnen hatten 30 Gulden im Jahr zu entrichten, doch wurde in
Einzelfällen sogar beim höheren Unterricht von der Zahlung des Schulgeldes Abstand
genommen53.

Im August 1875 hatte der Konvent der Schwestern der christlichen Liebe in Sigmaringen

49 Text des Vertrages bei Steidle Bd. 1 (wie Anm. 47) 27-29.

50 Vgl. Steidle Bd. 1 (wie Anm. 47) 7-8. - Brodmann (wie Anm. 12) 72-73. - Für das von Pfarrer
Geiselhan ins Leben gerufene Waisenhaus übernahmen im Jahre 1863 schließlich Barmherzige Schwestern
vom hl. Kreuz aus Ingenbohl die Erziehung der Kinder. Vgl. Wopperer (wie Anm. 9) 94. - Brodmann
(wie Anm. 12) 64 ff. - Wetzel: Geiselhart (wie Anm. 12) 32.

51 StA Sig Ho 235 XI C 198. - Die Töchterschule unterstand unmittelbar der Regierung und war so
angelegt, daß sie im Anschluß an die Elementarschule einerseits deren Lehrgegenstände vertiefte,
andererseits aber auch neue Fächer einführte. So lag der Schwerpunkt auf Religion, Französisch, Deutsch,
Rechnen, Geschichte, Geographie, Naturlehre, Schönschreiben, Zeichnen, Gesang und Handarbeit. Vgl.
auch Steidle (wie Anm. 47) Bd. 1, 30-31. Bd. 4, 1 ff.

52 Vgl. auch Steidle Bd. 1 (wie Anm. 47) 54-55.

53 StA Sig Ho 235 X A 14.

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