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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1994-95/0311
Carlsplatz und Carlsstraße

eine Tafel erhalten sollte mit der Aufschrift »Erbaut im Jahr... unter Fürst Carl« analog dem
Stuttgarter Vorbild131.

Die streng durchgehaltene Unterscheidung zwischen bürgerlichen und herrschaftlichen
Gebäuden erinnert an die spätbarocke Stadtgestalt in Ludwigsburg132. Die Carlsstraße schloß
mit ihrer ausgeprägten Mitte latent an barocke Gestaltungsprinzipien an, widersprach aber mit
unakzentuierten und offenen Straßenenden barockem Charakter in gleichem Maße wie der
heterogen und autonom gestaltete Carlsplatz.

Offene Bauweise, die Bildung von Vorgärten und die Verbindung von Landschaft und
Bebauung zeigten als Paradebeispiel der im 1. Drittel des 19. Jahrhunderts in München
entstandene Karolinenplatz und die dort einmündenden Straßenzüge133. Ahnliche Bauweise
zeigt Mollers erster Entwurf zu Häusern der unteren Rheinstraße in Darmstadt aus dem
zweiten Dezenium des 19.Jahrhunderts: zweigeschossige, offene Bauweise; Häuser mit
gewalmten Dächern; gegen die Straße abgeschlossene, mit Baumgruppen besetzte
Hofräume134. Im Gegensatz zum Münchener Beispiel gab es in Darmstadt keine Vorgärten.

Carlsstraße und Carlsplatz erhielten ihre endgültige Form erst nach einem Entwicklungsprozeß
, der zum Teil mit vagen planerischen Vorstellungen und schwer realisierbaren
Rahmenbedingungen begonnen hatte. Die endgültige Gestalt der Straße und der beiden Plätze
war weder in der Planungsvorgabe noch bei Beginn der Bauungen genau formuliert worden,
sondern sie war Ergebnis einer Reaktion. Diese wurde durch den Neubaubestand hervorgerufen
, der im Widerspruch zur gültigen Planung stand und neue gestalterische Überlegungen
und Eingriffe forderte.

Die soziale Struktur, die äußerst schwache Finanzkraft von Stadt und Bürgern, die geringe
Bevölkerungszahl ebenso wie die extreme Topographie waren Faktoren, die zwangsläufig zu
Stadterweiterungen eigener Prägung geführt haben. Dennoch tragen Carlsplatz und Carlsstraße
ohne Zweifel charakteristische Züge städtebaulicher Gestaltungsmerkmale, die
Residenzstädte benachbarter Staaten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufwiesen.
Ohne die Ordnungsmaßnahmen, die ausschließlich von der Landesregierung erlassen wurden
und ohne die großzügige finanzielle Leistung des Fürsten hätten die Stadt und die Bürgerschaft
weder die Grundrißstruktur für den Carlsplatz und die Carlsstraße noch deren
räumliche Gestalt in Form prächtiger Fassaden errichten können. Die Ordnungs- und
Baumaßnahmen lagen aber auch primär im Interesse des Fürsten, dessen Residenzstadt im
Vergleich stand mit anderen Residenzen souveräner Fürstentümer.

131 Vgl. Protokoll vom 5. April 1846; wie Anm.37. - Erbprinz Carl Anton war 1836 nach Dresden und
Berlin gereist und hatte sich kurze Zeit in Weimar und Stuttgart aufgehalten; vgl. Zingeler (wie Anm. 59)
S.25.

132 In Ludwigsburg waren Höhe und Breite der Häuser und die Stockwerkszahl genau festgelegt
worden. Die Bauten des Herzogs, der Bediensteten und der Kirche waren gestalterisch eindeutig
unterscheidbar; vgl. Antero Markelin-Rainer Müller: Stadtbaugeschichte Stuttgart. Stuttgart 1985.
S.30.

133 Zur Bebauung um den Karolinenplatz in München vgl. Winfried Nerdinger: Stadtplanung in
München um 1800. In: Daidalos 7 (1983) S. 75-82 und Oswald Hederer: Leo von Klenze. Persönlichkeit
und Werk. München 1964. S. 128.

134 Vgl. hierzu Marie Frölich und Hans Günther: Georg Moller. Baumeister der Romantik.
Darmstadt (1959). Bes. S. 124 f. und Abb. S. 125.

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