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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1994-95/0393
Besprechungen

Den bereits im Titel sicherlich etwas provozierenden Begriff »Ghetto« setzt Altermatt mit
dem sozialwissenschaftlichen Terminus der »Subgesellschaft« gleich, der über Jahrzehnte
hinweg als das wesentliche Charakteristikum für die Situation des Schweizer Katholizismus
angesehen werden kann. Die Versuche schweizerischer katholischer Gruppen, aus losen und
vor allem kanton-zentrierten konfessionellen Interessengruppierungen zu einer politischen
Kraft zu werden, wurden über Jahrzehnte nicht nur durch die weitgehend heterogenen
Voraussetzungen innerhalb der Kantone beeinträchtigt, sondern vor allem auch dadurch, daß
sich auf diesen Grundlagen kaum eine bundesstaatliche konfessionelle Politik durchsetzen
ließ. Mittelfristig blieben derartige Versuche allerdings nicht ohne Wirkung, denn das Bemühen
, der katholischen Sache auf gesamtgesellschaftlicher Ebene Gehör zu verschaffen, zeigte
eine zunehmende Wirkung, und es formte sich schließlich eine katholische »Gesellschaft«
heraus, die mit einer Reihe spezifischer Normen, Werte und Verhaltensweisen geradezu einen
Staat im Staate ausmachte. Geleistet wurde dies durch ein vielfältiges Geflecht unterschiedlicher
Organisationen und Institutionen, die als Interessenwalter katholischen Gedankengutes
fungierten. Ihren Entwicklungen, ihren Erfolgen, aber auch ggf. ihrem Scheitern ist Altermatt
nachgegangen, und er bleibt dabei nie bei der äußeren Geschichte dieser politischen Bewegungen
, politischen Parteien, Parteiprogramme, Vereine oder auch Katholikentage stehen, sondern
hinterfragt diese sofort auch immer auf ihre geistesgeschichtlichen Hintergründe.

Chronologisch prägt sich diese Entwicklung in drei Epochen aus, die mit den Schlagworten
»Sammlungsbestrebungen der Schweizer Katholiken« (1848-1885), »Emanzipation der
Diaspora« (1885-1899) und »Durchbruch zur Einigung« (1899-1912) charakterisiert werden
können. Es ist faszinierend, dieser Entwicklung zumal im Vergleich zu derjenigen in den
deutschen Ländern einmal nachzugehen und »die Kombination von weltanschaulich-ideologischer
Geschlossenheit und föderalistisch-autonomistischer Offenheit« (S. 427) als tragende
Elemente des Schweizer Katholizismus auszumachen, wie er schließlich im Jahre 1912 in der
Gründung der »Konservativen Volkspartei« auch auf nationaler Ebene die ein halbes Jahrhundert
lang angestrebte Einheit und Geschlossenheit erreichte. Altermatts Werk ist 20 Jahre lang
ein Grundlagenwerk zur Geschichte des Schweizer Katholizismus seit 1848 gewesen und hat
diese Bedeutung durch die Neuauflage ein weiteres Mal herausgestrichen.

Pulheim-Brauweiler Wolfgang Schaffer

Zwischen Schule und Fabrik. Textile Frauenarbeit in Baden. Sigmaringen: Thorbecke 1993.
252 S. (Volkskundliche Veröffentlichungen des Badischen Landesmuseums Karlsruhe
Bd. 1).

Wie in vielen anderen deutschen Staaten hat auch in Baden die private, häusliche und
gewerbliche Beschäftigung mit textilen Handarbeiten seit dem 19. Jahrhundert eine besondere
Bedeutung erfahren. Regional hat sie sich bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten
können, vereinzelt, wie im südbadischen Wiesental, konnte sich das industriell betriebene
Textilgewerbe bis in die jüngsten Strukturkrisen halten. Eine historische Analyse kann
demnach den Untersuchungsgegenstand von ganz unterschiedlichen Perspektiven her angehen
, sei es vom bildungs- oder wirtschaftsgeschichtlichen, dem kulturgeschichtlichen oder
auch frauengeschichtlichen Aspekt her.

Sie alle fließen ein in die sieben, von vier Autor(inn)en verfaßten Textbeiträge, die neben
einem bebildert-beschreibenden Katalogteil den größten Teil dieses Beibandes zu einer
umfangreichen Ausstellung darstellen, die das Badische Landesmuseum Karlsruhe präsentierte
. Das Ziel, in diesem Rahmen die Schwerpunkte der Ausbildung textiler Fertigkeiten bei
Mädchen und Frauen sowie deren Anwendungsmöglichkeiten in Haus- und Lohnarbeit

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