Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1994-95/0399
Besprechungen

ihre Auffassung über die Art des richtigen Regierens, die nicht unbedingt aus der Verfassung
zu begründen war, durchsetzen. Aus politischen Interessen sanktionierte der Reichshofrat die
landschaftliche Position: indem unklare Formulierungen im Erbvergleich künftige Konflikte
vorprogrammierten und dem Kaiser Gelegenheit gaben, auch fürderhin als oberster Richter in
Erscheinung zu treten, konnte der kaiserliche Einfluß in Württemberg festgeschrieben werden
. Zugleich hatte er seine Anwartschaft auf Württemberg bekräftigen und Württemberg in
seine Klientel fester einbinden können.

An dieser Stelle ist auf die Thesen der Autorin zur Reichsverfassung aufmerksam zu machen,
die einen wichtigen Ertrag der Arbeit darstellen. Die Reichsverfassung bestand bekanntlich aus
einem Konglomerat an Normen, Gesetzen, altem Herkommen und anderem mehr. Diese
Normen widersprachen sich häufig, »zu jeder Bestimmung eines Reichsgesetzes war eine andere
zu finden«. Deshalb, so die Verfasserin, ging es bei den Konflikten auf Reichs- und Territorialebene
nicht um die Kategorien verfassungsmäßig - verfassungswidrig, sondern es ging allein um
die Interpretation der vagen Normen. Und diese Interpretationen wurden vom jeweiligen
politischen Interesse geleitet: so interpretierte die Landschaft die württembergische Verfassung
in ihrem Sinne und setzte sich damit durch, weil sich der Kaiser ebenfalls aus politischen
Erwägungen heraus eine kongruente Lesart der Verfassung zu eigen gemacht hatte.

Die Reichsverfassung stellt sich damit als etwas Lebendiges dar, das nicht beim Alten
beharrte, wie in der älteren Forschung häufig der Anschein erweckt wird, sondern es waren
durchaus »Neuerungen« und Weiterentwicklungen möglich. Die Reichsverfassung konnte
unter veränderten politischen Gegebenheiten im Widerstreit unterschiedlicher Interessen neu
interpretiert und der neuen Situation angepaßt werden. Ein Grundkonsens mußte allerdings
vorhanden sein, zerbrach dieser, war es um die Reichsverfassung schlecht bestellt. Das
Gesagte gilt entsprechend für die Territorialverfassungen.

»Verlierer« des württembergischen Ständekonflikts war zum einen der Herzog, der
künftig keine unabhängige Außenpolitik mehr betreiben konnte und zum Ausgleich mit den
Ständen gezwungen war, wollte er dem Kaiser nicht allzu großen Einfluß einräumen. Verlierer
waren aber auch die Garantiemächte, die dem Kaiser das Feld überlassen mußten. Möglich
wurde eine solche Konfliktlösung erst im Zeichen der Annäherung zwischen Preußen und
Osterreich, als Berlin die Federführung Wien überließ, das seinerseits dafür rücksichtsvoll
agierte.

In ihrer sehr lesenswerten Arbeit, die im übrigen stilistisch äußerst ansprechend verfaßt ist,
analysiert Haug-Moritz in klarer Weise die Konfliktdeterminanten bis hin zu den maßgeblich
handelnden Personen, und sie kann dadurch den Verlauf des württembergischen Ständekonflikts
bis in die feinsten Verästelungen hinein verfolgen. Bei den Analysen des Konflikts
ergeben sich zahlreiche Erkenntnisse zur Geschichte des Alten Reichs und Württembergs, die
in der vorliegenden Rezension begreiflicherweise nur in Ansätzen gewürdigt werden konnten.
Reichs- und Landesgeschichte werden in exemplarischer Weise miteinander verbunden. Es ist
der Autorin gelungen, die Barriere zwischen beiden zu überwinden und damit eine wichtige
Studie zur Landes- wie zur Reichsgeschichte abzufassen.

Balingen Andreas Zekorn

Elmar Blessing: Mühlheim an der Donau. Geschichte und Geschichten einer Stadt. Sigmaringen
: Thorbecke 1985. 511 S. u. 96 S. mit farbigen u. schw.-weiß Abb.

Stadtarchiv, Pfarrarchiv, Archiv der Freiherren von Enzberg - an schriftlich festgehaltener
Überlieferung fehlte es in Mühlheim an der Donau nicht, doch an der Bereitschaft, das alles zu
lesen, zu sichten und die Auszüge zu einer Stadtgeschichte zu formen. Elmar Blessing,

397


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1994-95/0399