Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 33
(PDF, 85 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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Politische Identitätsbildung im Lande Württemberg-Hohenzollern

dieses Feld praktisch kampflos der CDU. Daß sie damit auch die Mehrheitsfähigkeit verlieren,
scheint ihnen nicht aufzufallen. Gerade die Geschlossenheit von SPD und DVP in Württemberg
-Hohenzollern zeigt, daß sie nur und ausschließlich gesamtwürttembergisch ausgerichtet
sind, während die CDU ein getreues Spiegelbild unterschiedlicher regionaler Wünsche ist.
Umgekehrt sind es gerade die Spannungen zwischen den Landkreisen Tübingen, Reutlingen,
Münsingen, Calw, Freudenstadt auf der einen Seite und von Ehingen, Biberach, Saulgau, Wangen
, Tettnang, Ravensburg usw. auf der anderen Seite, die die Empfänglichkeit der CDU für
regionales Denken zeigen. Die CDU ist hier aufgeschlossener und weniger verkrustet als alle
anderen Parteien in Südwürttemberg. Umgekehrt zeigt die überwältigende Stellung der CDU
in Württemberg-Hohenzollern die Lebendigkeit des Regionalismus im Südwesten nach 1945.
Oberschwäbische CDU und oberschwäbischer Regionalismus sind nach 1945 eine enge Symbiose
eingegangen, von der beide Teile profitiert haben.

Lohnend ist abschließend ein Vergleich mit den Verhältnissen in Rheinland-Pfalz. Auch
hier bildet die Besatzungsmacht Frankreich nach rein strategisch-politischen Zielsetzungen
ein völlig neu zugeschnittenes Land. Kein Wunder, wenn es von deutscher Seite als Land aus
der Retorte und Land auf Abruf abgewertet wird32. Bezeichnenderweise wird dieses Land insbesondere
auch hier von der SPD weit drastischer abgelehnt als von der Mehrheit der CDU;
die SPD verweigert beispielsweise deshalb der Landesverfassung ihre Zustimmung33. Offenbar
ist die vergleichsweise stärkere zentralisch-nationale Ausrichtung auch der rheinland-pfälzischen
SPD ein Grund für diese Ablehnung von Grenzziehungen durch alliierte Hand. Auch
hier täuscht sich die SPD über die Stimmung in der Bevölkerung, die dieses Land eben nicht so
entschieden ablehnt wie SPD, während die CDU hier pragmatischer verfährt und der Macht
des Faktischen früher und erfolgreicher Rechnung trägt.

Zum anderen ist im Land Rheinland-Pfalz auch die CDU weit zerstrittener als in Württemberg
-Hohenzollern, wenn es um den Umgang mit den neuen Grenzziehungen geht.
Gerade der Vergleich mit dem offenen und über Jahre fortgesetzten innerparteilichen Streit
der pfälzischen und der rheinländisch-hessischen CDU in Rheinland-Pfalz34 öffnet die Augen
für das letztlich große Maß an Geschlossenheit, das demgegenüber in Württemberg-Hohenzollern
im Umgang mit dem eigenen Land und seiner politischen Identität nach 1945 herrscht,
trotz aller Reibungsflächen zwischen der nordwürttembergisch orientierten CDU in Tübingen
, Reutlingen, Calw, Münsingen usw. einerseits und der oberschwäbischen CDU andererseits
.

2. DIE ROLLE OBERSCHWABENS BEI DER SÜDWESTSTAATBILDUNG
2.1. Literaturbefund

Die Forschung hat sich lange Zeit um das Thema oberschwäbische Identität nicht gekümmert.
In keiner der Kreisbeschreibungen aus den 60er und 70er Jahren wird darüber ein Wort ver-

32 Helmut Mathy: Vor 50 Jahren: Rheinland-Pfalz entsteht. In: Rheinland-Pfalz. Beiträge zur Geschichte
eines neuen Landes. Hg. von Hans-Jürgen Wünschel. 1967, S. 23.

33 Ebd. S. 24f.

34 Erst im Februar 1947 kann eine rheinland-pfälzische Landespartei CDU nach heftigen Richtungsund
Namensgebungskämpfen gegründet werden. Ohne den starken Druck der Besatzungsmacht, nur eine
christliche und nur eine überkonfessionelle Partei zuzulassen, wäre vermutlich die Einigung der regionalen
Verbände nicht zustande gekommen. Siehe Anne Martin: Die Gründung der rheinland-pfälzischen
CDU. In: Rheinland-Pfalz. Beiträge zur Geschichte eines neuen Landes (wie Anm. 32). 1997, S. 97-112;
insbes. S. 98 und 105.

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