Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 46
(PDF, 85 MB)
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Frank Raberg

als Staatspräsident hatte er sein persönliches und politisches Schicksal buchstäblich auf
Gedeih und Verderb mit der Schaffung des Südweststaates verknüpft.

Das »Ringen um den Südweststaat«, der über vier Jahre andauernde Kampf um die territoriale
und politische Neugliederung des deutschen Südwestens, dessen seit Beginn des 19. Jahrhunderts
bestehendes Gesicht sich infolge der westalliierten Besatzungsherrschaft wesentlich
verändert hatte, ist in der Vergangenheit wiederholt eingehend und aus den verschiedensten
Blickwinkeln beleuchtet worden. Wenn es auch gewiß richtig ist, daß in der historischen Forschung
der personenbezogene Ansatz des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zugunsten einer gesellschaftliche
, wirtschaftliche und kulturelle Aspekte einbeziehenden Methodik weitgehend
fallengelassen wurde, hieße es doch den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, die Leistung
einer Persönlichkeit in einem politischen Handlungsgefüge nicht genügend zu berücksichtigen
. Es wäre verwegen, eine Geschichte des deutschen Südwestens in der Nachkriegszeit bis
zur Entstehung des Bundeslandes Baden-Württemberg im Jahre 1952 vorzulegen, ohne Müllers
Politik des Zusammenschlusses entsprechend ihrer tatsächlichen Bedeutung zu würdigen.
Daß man diese Politik, je nach Standpunkt, sowohl eher als positiv oder eher als negativ
betrachten kann, versteht sich von selbst und findet sich in der Vielzahl von Veröffentlichungen
zum Thema eindrucksvoll dokumentiert.

Es geht im folgenden zunächst um die Darlegung der an den Quellen orientierten wichtigsten
biographischen Stationen, um die Nachzeichnung seiner politischen Sozialisation, um
die Herausarbeitung der Grundbedingungen also, die im Sommer 1945 vorlagen, als der
Kriegsheimkehrer Gebhard Müller die Bühne der Landesgeschichte betrat und sich binnen
kurzer Zeit zu einem ihrer Hauptdarsteller entwickelte. Was er als Hauptdarsteller bis zu
seiner Wahl zum baden-württembergischen Ministerpräsidenten tat und ließ, kann nur anhand
einiger Beispiele aufgezeigt werden, die in der Absicht ausgewählt wurden, Typisches
hervorzuheben.

3. BIOGRAPHISCHE STATIONEN UND POLITISCHE SOZIALISATION BIS 1945
3.1. Herkunft und Kindheit

Gebhard Müller, der den Namen des unter die Heiligen aufgenommenen Bischofs Gebhard II.
von Konstanz aus dem 10. Jahrhundert trägt, wurde am 17. April 1900 in dem kleinen Dorf
Füramoos/Oberamt Biberach geboren. Füramoos liege im Mittelpunkt der Welt, meinte
später Müllers älterer Bruder, der Jesuiten-Provinzial Franz Xaver Müller, und zwar deshalb
weil man in alle vier Himmelsrichtungen auf die Bahn gehen kann und jedesmal drei Stunden
braucht7. Gebhard war das fünfte von sieben Kindern. Väterlicherseits wurzelte die Familie
im steinigen Boden des damals nur unter größten Mühen geringe landwirtschaftliche Erträge

7 Franz Xaver Müller (1897-1974) wurde 1916 zum Kriegsdienst eingezogen und studierte nach Kriegsende
zunächst an der TH Stuttgart, später in Tübingen Mathematik und Physik. Er gehörte der Verbindung
Rheno-Nicaria und, wie sein Bruder Gebhard, der Kath. Studentenverbindung Alamannia im KV
an. Er absolvierte die beiden Dienstprüfungen, trat aber 1923 in den Jesuitenorden ein und wurde 1929 in
Innsbruck zum Priester geweiht. Müller wirkte vor allem als Lehrer, so an der Stella Matutina in Feldkirch
und in St. Blasien. 1939 wurde er Rektor am Berchmanskolleg in Pullach bei München, 1944 Provinzial der
süddeutschen Jesuitenprovinz. 1951 lehrte er wieder in St. Blasien, bis er 1954 in Gijon (Nordspanien) die
»Universidad Laboral« mitgründete. Dort verbrachte er auch seinen Lebensabend. Vgl. Walter Kern SJ.
In: An unsere Freunde. Nachrichten der Oberdeutschen Provinz der Gesellschaft Jesu, Oktober 1950,
S. 2—4; Alfons Hufnagel in Alamannenblätter. Mitteilungen des Altherrenvereins Tübinger Alamannen,
N. F. 51 (Dezember 1974), S. 13.

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