Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 67
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Akademie-Provisorium im provisorischen Staat. Die Kunstschule in Bernstein (1946-1955)

Forum der Avantgarde im Zeitraum 1951 /52 stellt sich als institutionsgeschichtliche Zäsur dar.
Der Kontinuitätsbruch erschwert im übrigen eine integrative Würdigung.

Die Kunstschule verdankte ihre Entstehung der Privatinitiative des Künstlers Paul Kälberer
(1896-1974); als Plattform diente der Verband bildender Künstler Württemberg-Süd. In
den späten zwanziger und dreißiger Jahren hatte sich Kälberer als Graphiker und Maler mit
seinem neusachlich-neuromantischen Werk einen Namen gemacht35. Nach Kriegsende sah
sich der politisch unbelastete Künstler aus der preußischen Provinz - Kälberer hatte sich 1927
in Glatt niedergelassen - in der Pflicht, die Interessen seines Berufsstands im württembergischen
Raum im allgemeinen und im französisch besetzten Gebiet Württembergs und Hohen-
zollerns im besonderen zu vertreten. In den Jahren 1945/46 baute Kälberer - in Verbindung
mit der provisorischen Landesregierung - den Verband bildender Künstler Württemberg-Süd
auf, dem er als Gründungsvorsitzender über eineinhalb Jahre vorstand36. In dieser Position
sah sich der »Kunstpolitiker« der ersten Stunde mit Ausbildungsproblemen konfrontiert. In
der französischen Zone bot sich dem künstlerischen Nachwuchs keine Gelegenheit zur beruflichen
Qualifikation; durch die Zonenabschottung war der Weg an auswärtige Kunsthochschulen
erschwert. Aus dieser Situation heraus entwickelte Kälberer ein kunstpädagogisches
Notprogramm. In Abstimmung mit der französischen Militärregierung regte er im April/Mai
1946 beim Staatssekretariat für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohen-
zollerns die Errichtung von dezentralen Nachwuchsschulen für bildende Künstler an37. Dieses
Bildungskonzept, mit dem Kälberer auf (eigene) Reformvorstellungen aus der Zeit der Weimarer
Republik zurückgrifP8, ließ sich nur in reduzierter Form umsetzen. Im Spätsommer
1946 gründete Kälberer - als Modell, das nie in Serie ging - im ehemaligen Kloster Bernstein
bei Sulz am Neckar39 ein privates Institut zur Ausbildung des künstlerischen Nachwuchses:
die »Arbeitsgruppe für bildende Kunst«. Rückhalt fand Kälberer bei der französischen
Militärregierung.

Am 2. September 1946 wurde der Schulbetrieb unter widrigen Umständen aufgenommen.
Als Lehrer hatte Kälberer den Bildhauer und Maler Hans Ludwig Pfeiffer (geb. 1903) gewonnen40
. Während Pfeiffer im Innendienst tätig war, wirkte der Schulleiter Kälberer vorwiegend
im Außendienst.

35 Vgl. Ludwig Dietz: Paul Kälberer in den Jahren 1926 bis 1938. In: Paul Kälberer. Ein Maler und
Radierer der Neuen Sachlichkeit (Ausstellungskatalog). 1989, S. 9-21. Ludwig Dietz: Paul Kälberer als
neusachlicher Maler. In: Paul Kälberer. Kunst der Neuen Sachlichkeit in Schwaben (wie Anm. 22). Bd. 2,
S. 15-28. Ludwig Dietz: Paul Kälberer in den Jahren 1937 bis 1945. Ebd. S. 29-39.

36 StASWü80Bd. 1 Nr. 571.

37 Ebd. - Kälberers Memorandum vom 24.5.1946 wurde von Ludwig Dietz ediert. Paul Kälberer:
Nachwuchsschulen für bildende Künstler (1946). In: Paul Kälberer. Kunst der Neuen Sachlichkeit in
Schwaben (wie Anm. 22). Bd. 2, S. 53f. Zur Interpretation: Andreas Zoller: Pädagogische Leitlinien an
der Bernsteinschule. 1946-1950. In: Die Bernsteinschule 1946-1951 (wie Anm. 5), S. 7-21, besonders
S. 10-12.

38 Vgl. Christine und Ludwig Dietz: Bernstein unter Kälberer (wie Anm. 22), S. 14. Zum geistesgeschichtlichen
Kontext vgl. Zoller: Pädagogische Leitlinien an der Bernsteinschule (wie Anm. 37), besonders
S. 7-10.

39 Zur Geschichte des Ortes: Bernhard Rüth: Bernstein. Vom Kloster zum Hofgut. In: Kälberer in
Bernstein (wie Anm. 22), S. 5-13 (mit Verweisen auf weitere Literatur).

40 Vgl. Bernhard Rüth: Hans Ludwig Pfeiffer und die Kunstschule in Bernstein. In: Pfeiffer in Bernstein
(Ausstellungskatalog). Hg. von Bernhard Rüth. 1997, S. 11-20. Zu Person und Werk: Günther
Wirth in: Hans Ludwig Pfeiffer. Ironische Plastiken (Ausstellungskatalog). 1976. Friedrich Reister:
Hans Ludwig Pfeiffer. Uber sein Leben und Lebenswerk. In: Hans Ludwig Pfeiffer. Bildender Künstler.
»Ein Mahner in unserem Leben« (Ausstellungskatalog). 1987, S. 9-16. Andreas Zoller: Der Bildhauer
Hans Ludwig Pfeiffer. In: Pfeiffer in Bernstein, S. 5-10. Joachim Geissler-Kasmekat: Hans Ludwig
Pfeiffers Neuenbürger Spätwerk. Ebd. S. 21-27.

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