Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 71
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0085
Akademie-Provisorium im provisorischen Staat. Die Kunstschule in Bernstein (1946-1955)

zwar mit der französischen Militärregierung ebenso wie mit den deutschen Regierungs- und
Verwaltungsstellen. Aus der subsidiären Erfüllung öffentlicher Aufgaben leitete Kälberer
einen Anspruch auf materielle Unterstützung durch den Staat ab. So heißt es in Kälberers
»Bericht und Planung«: Das Ersuchen um Zuschüsse des Staates begründen wir damit, daß
wir gemeinnützige Arbeit leisten, die sonst der Staat in irgendeiner Form übernehmen müß-
tebi. Zwischen Kunstschule und Besatzungsmacht, Kunstschule und Staatsmacht entstand
eine komplexe Dreiecksbeziehung. Durch die staatliche Unterstützung erhielt das Bildungsinstitut
gewissermaßen »halböffentlichen« Charakter. In der Schulverwaltung wie im Lehrbetrieb
wurde der Einfluß staatlicher Stellen in zunehmendem Maße spürbar; dies gilt insbesondere
für die Umbruchsphase der Jahre 1951/52. Und so heißt es in Grieshabers Druckschrift
»bernsteinschule« vom Januar 1952 folgerichtig: die bernsteinschule ist eine freie,
staatlich geförderte kunstschule mit Werkstätten6*.

Im folgenden versuche ich das Beziehungsgeflecht zwischen Kunstschule und Staat ein
Stück weit zu entwirren. Dabei unterscheide ich nach Regierungs- beziehungsweise Verwaltungsebenen
wie nach Sachressorts. Aus gegebenem Anlaß konzentriere ich mich auf den
Zeitraum, in dem das Land Württemberg-Hohenzollern den Bezugsrahmen darstellte: die
Jahre 1946-1951. Von Fall zu Fall sind kursorische Ausblicke auf den Zeitraum 1952-1955 zu
werfen.

3.1 Die Haltung der französischen Militärregierung

Bei der Gründung der Kunstschule in Bernstein stand die Militärregierung Pate. Im französischen
»Kulturoffizier« Richard Thieberger fand Paul Kälberer einen verläßlichen politischen
Mentor63. Zwischen Thieberger und Kälberer entstand - wie der nachmalige Germanistik-
Professor im Rückblick unterstrich - ein persönliches Freundschaftsverhältnis61'. Ohne die Unterstützung
der Militärregierung wäre es Kälberer schwerlich gelungen, das von ihm geplante
Bildungsinstitut in Bernstein einzurichten67.

Kälberers Schulkonzept fand Rückhalt bei der Militärregierung. Doch bei den deutschen
Instanzen stieß das Bernstein-Projekt auf Widerstände. Um die Verhandlungen abzukürzen,
beschlagnahmte die Militärregierung eigenmächtig die im Landeseigentum stehende Staatsdomäne
Bernstein68. Das Anwesen wurde am 5. August 1946 dem Bernstein-Ausschuß zum
Aufbau einer Künstlerkolonie zur Verfügung gestellt (pour l'installation d'une colonie de
jeunes peintres et sculpteurs)M . Kälberer distanzierte sich zwar umgehend vom Willkürakt der
Militärregierung70. Doch nahm die Finanzverwaltung in der Folge gegenüber der Kunstschule
eine reservierte Haltung ein. So forderte das Finanzministerium im August 1947 die Einstel-

Arbeitsgemeinschaft der Volkshochschulen Südwürttembergs e. V. vom 20. August 1947 veröffentlicht
wurde, ist abgedruckt in: Rüth: Dokumente zur Bernsteinschule 1946-1950 (wie Anm. 27), S. 60-63.

63 Kälberer: Die Kunstschule Bernstein (wie Anm. 42), S. 57.

64 Katalogblatt für die 8. Ausstellung des Studentenstudios für moderne Kunst in Tübingen,
21.1.-6.2.1952 (Fürst: Grieshaber. Der Drucker und Holzschneider [wie Anm. 55], S. 89, Nr. 69).

65 Vgl. Christine und Ludwig Dietz: Bernstein unter Kälberer (wie Anm. 22), S. 17.

66 Richard Thieberger: Begegnung mit Paul Kälberer. 1945-1950. In: Paul Kälberer als Grafiker. Hg.
von Ludwig Dietz (Veröffentlichungen des Kultur- und Museumsvereins Horb a. N. e. V. 6). 1989,
S. 27-30, hierS. 30.

67 Auf die entscheidende Rolle der Besatzungsmacht hat Ludwig Dietz aufmerksam gemacht. Ludwig
Dietz: Die Bernsteinschule im Altkreis Horb (wie Anm. 22).

68 Die Darstellung des Vorgangs in Thiebergers Erinnerungen an die »Begegnung mit Paul Kälberer«
(wie Anm. 66) entspricht in der Abfolge der Ereignisse nicht den aktenkundigen Tatsachen.

69 StAS Wü 127/3 Nr. 231:2. Vgl. auch Kälberer: Die Kunstschule Bernstein (wie Anm. 42), S. 56.

70 StAS Wü 65/13 Bd. 3 Nr. 198. Ebd. Wü 126/3 Nr. 231: 2. 3.

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