Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 80
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0094
Rainer Loose

Grundwasseraustritte an Schichtgrenzen oder Gesteinsspalten. Denn die vor- und frühgeschichtlichen
Siedler ließen sich in der Regel nur dann dauerhaft an einem Ort nieder, wenn
am Siedlungsplatz selbst oder in dessen unmittelbarer Nähe ausreichend Trinkwasser verfügbar
war. In Wilsingen gibt es keine fließenden Gewässer. Auch die stehenden Gewässer sind künstlich
entstanden. In der Retrospektive erscheint uns daher die Zwiefalter Flächenalb, zu der die
Markungsfläche mehrheitlich rechnet, nicht gerade zum Siedeln einzuladen. In der Vergangenheit
haben sich die Wasserversorgungsmöglichkeiten aber etwas anders gestaltet. Schon ein
Blick auf den ersten Ortsplan von ca. 1748/503 (vgl. Abb. 1) lehrt, daß der Ort drei Hülen oder
Hülben - die Obere, Mittlere und Untere Hülbe - besaß, deren Wasser sich zum Tränken des
Viehs eignete und zum Brandschutz diente. Ob es auch die Menschen tranken, darf bezweifelt
werden, zumal in den historischen Quellen auch von Brunnen die Rede ist, die wohl besseres
Wasser lieferten. 1851 wird so der Weite Bronnen erwähnt, dessen Brunnenhaus schadhaft
geworden war und nun auf Gemeindekosten wiederhergestellt wurde. Zugleich ließen die
bürgerlichen Gremien eine Abschrankung errichten, um das Vieh vom Brunnenschacht und
-wasser fern zu halten4. Seine Lage wird im Flurort »Weite« am Riedlinger Weg angenommen.
Hinweise auf weitere Wasservorkommen geben schließlich einige Flurnamen, die auf der württembergischen
Flurkarte im Maßstab 1:2500 von 1820 verzeichnet sind. Aufmerksam gemacht
sei auf die Flurnamen Brunnenrain und Brunnenwiesen südwestlich der Ortschaft sowie
Laubenhühle nördlich der Siedlung. Die Topographische Karte 1:25000 verzeichnet darüberhinaus
noch den Namen Schinderhüle im Wald Birkach an der Straße nach Steinhilben.

Das Wasser dieser Brunnen und Hülen entstammt relativ bescheidenen und eng umgrenzten
Grundwasserspeichern, nämlich den Zementmergelschichten des Weißen Juras. Im Raum
Wilsingen treten sie am Ubergang der Kuppen- zur Flächenalb gleichsam inselhaft südwestlich
und nördlich des Ortes auf. Der Austritt des Grundwassers ist im Gelände zu beobachten,
besonders nach länger anhaltender regnerischer Witterung im Frühjahr oder Sommer, wenn
sich in den Öhmdwiesen das Uberschußwasser in kleinen Lachen staut. Auf älteren Flurkarten
verrät ferner die Wiesensignatur die feuchten Areale, nicht zuletzt weil die Bauern wegen
der höheren Bodenfeuchtigkeit diese Flurteile nicht dem Ackerbau widmeten, bestand doch
die Gefahr, daß die junge Saat infolge Feuchtigkeitsstau an Schimmelpilzen erkrankte und
verfaulte. Dem natürlichen Gefälle folgend floß das Wasser von zwei Seiten auf die Siedlung
zu, wo es in der Ortsmitte außer in den genannten Hülen auch in einer breiten Rinne aufgefangen
und zusammen mit dem übrigen Oberflächen- und Schmutzwasser auf die angrenzenden
Wiesen geleitet wurde.

Daß die Wasservorkommen sich bei anhaltender Trockenheit rasch erschöpften, beleuchtet
noch eine Notiz im Gemeinderatsprotokoll5. Über die Wassernot im Winter 1853/54 heißt
es dort: Heuer ist große Wassernot entstanden, für Menschen und Tiere mußte das Wasser von
Trochtelfingen beigeführt werden. Am 4.]änner 1854 ist die letzte reine obere Hülbe erschöpft
worden. Von Martini 1853 mit wenigen Ausnahmen mußte das Wasser für die Menschen, vom
4. Jänner 1854 auch für sämtlichen Viehstand, beigeführt werden und hat sich erst beendigt am
30. Jänner dieses Jahres. Alteste Männer wissen sich eine solch lange Wassernot nicht zu denken
, welche zwar vielmehr daher kommt, weil die sämtlichen vier Hülben mit Morast angefüllt
waren. Auf diesem Hintergrund versteht man gut, warum sich die Wilsinger 1878 vergleichsweise
schnell entschlossen, Mitglied im Verband der Zwiefalter Albwasserversorgungsgruppe
VII zu werden.

3 Es handelt sich dabei um die erste annähernd exakte Vermessung der Siedlung und der Flur von Wilsingen
, die der Zwiefalter Abt Benedikt Mauz (1744-1765) durchführen ließ. Die Flurkarte wird im Hauptstaatsarchiv
Stuttgart, Bestand N 40, n.20 (2 Teile) aufbewahrt.

4 Gemeindearchiv Wilsingen, Wi B 11 (Gemeinderatsprotokoll Bd. II), S. 478, Vorgang verhandelt am
21. März 1851.

5 Gemeindearchiv (GdeA) Wilsingen, Sign. Wi B 12 (Gemeinderatsprotokoll Bd. III), S. 12 b.

SC


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