Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 83
(PDF, 85 MB)
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»Wilsingen, ein Dorf auf den Alpen unweit Trochtelfingen«

ebenfalls die Herrschaften erließen und mitprägten, sind zudem Bestimmungen enthalten, wie
die Hofraiten, auf denen die Wohn- und Wirtschaftsgebäude standen, zu gestalten waren, zum
Beispiel ob die Häuser aus Holz oder aus Stein erbaut und wieviel Bauholz dem Wald oder
wieviele Steine beziehungsweise Lehm den Steinbrüchen oder Tongruben entnommen werden
durften. Die Zumessung des Nutzungsrechts geschah in der Regel nach dem sozialen
Status des Nutznießers, das heißt, ob er zur vollbäuerlichen Schicht oder zur unterbäuerlichen
Seidnergruppe oder zu den Tagelöhnern zählte. An der Größe der Gebäude ließ sich bis zum
Ende des »alten Dorfs« in der Nachkriegszeit oft auch erkennen, wer wo wohnte und wie sich
die soziale Differenzierung im Dorf bis dahin ausgeprägt hatte. Wo die Herrschaft unter verschiedene
Herren geteilt war, konnte ferner durch die verschiedenen Rechtsformen der Vererbung
Einfluß auf die Dorfgestalt ausgeübt werden. Darum ist es bei jeder siedlungsgeschichtlichen
Betrachtung wichtig, die herrschaftliche Entwicklung nicht aus den Augen zu verlieren.
Sie ist eine Dominante der Siedlungsgeschichte und fließt darum in die nachfolgende Erörterung
ein.

2.1 Vom Werden der Siedlung bis ca. 1500

Seit wann Menschen in Wilsingen siedeln, ist eine Frage, die nicht mit einem Datum zu beantworten
ist. In der Schule haben wir gelernt, daß der sagenhafte Rulaman7 schon in der Steinzeit
die Alb auf der Jagd durchstreifte. Es kann gut sein, daß er hier auf seinem Weg ins Donautal
vorbeizog. Der archäologische Nachweis von der Anwesenheit nicht-seßhafter, steinzeitlicher
Jäger und Sammler steht aber bis heute aus. Bessere Auskünfte über die frühen
Siedler geben indes die im Nordwesten, Osten und Südosten der Markung in den Flurorten
Birkach, Kleiner Schmiedberg und Hart liegenden Grabhügelfelder, die zu benachbarten Siedlungsplätzen
gehören8. Den Beigaben nach datieren diese Gräber in die Mittelbronzezeit, die
gewöhnlich in die Zeit von 2000 bis 1200 v. Chr. gesetzt wird. Die Träger der mittelbronze-
zeitlichen Kultur sind Ackerbauern, die die Felder durch Brandrodung gewannen. Wie groß
diese dem Getreidebau vorbehaltenen Acker waren, läßt sich nicht bestimmen. Auszugehen
haben wir von einer Feld-Gras-Wechselwirtschaft auf mehreren gerodeten Schlägen.

Mit welchen Siedlungsverhältnissen während der anschließenden Epochen bis herauf ins
Mittelalter zu rechnen ist, auch darüber kann man nur spekulieren, da es hierfür keine archäologischen
Funde oder sonstigen Anhaltspunkte auf der Markung Wilsingen gibt. Für die alemannische
Landnahmezeit (5. bis 7. Jahrhundert) existieren so weder direkte noch indirekte
Zeugnisse, wie Reihengräber, schriftliche Quellen oder Flurnamen, die Einblick in den Besiedlungsvorgang
gewähren. Lediglich der Ortsname mit der für den alemannischen Siedlungsraum
typischen Endung -ingen bietet einen - wenngleich schwachen - Anhalt dafür, daß
die Ortschaft schon im 5./6. Jahrhundert gegründet worden sein könnte. Der im Zusammenhang
mit der Gründung des Klosters Zwiefalten erstmals um 1090 bezeugte Ortsname Willigi-
singin wäre in diesem Zusammenhang als Beleg anzuführen. Er überliefert zugleich einen Personennamen9
, der möglicherweise mit dem des Siedlungsgründers oder eines bestimmenden
Dorfältesten identisch ist. Wie alt Wilsingen aber wirklich ist, kann vorläufig nur im Vergleich
zum Siedlungsumfeld und mit den Mitteln der relativen Chronologie beantwortet werden. Im

7 Vgl. den Roman von David Friedrich Weinland.

8 Adelheid Beck und Jörg Biel: Untersuchungen in einer Grabhügelgruppe bei Wilsingen, Krs. Münsingen
, in: Fundberichte aus Baden-Württemberg Bd.l (1974), S. 180-204; vgl. dazu auch Oberamtsbeschreibung
(OAB) Münsingen 1912, S. 208, 224, 232, 237 und Katalog der vor- und frühgeschichtlichen
Fundstellen, bearb. von C. Oeftiger, in: Beiheft zu »Der Landkreis Reutlingen«, Sigmaringen 1997, S. 77.

9 Die Zwiefalter Chroniken Ortliebs und Bertholds, hg. von Luitpold Wallach, Erich König und Karl
Otto Müller (Schwäbische Chroniken der Stauferzeit Bd. 2), 2.Auflage. Sigmaringen 1978, S. 26,150,184.

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