Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 88
(PDF, 85 MB)
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Rainer Loose

ein Seidner hingegen nur 2 Klafter beziehen durfte. Wenige Jahre nach dieser Regelung genügte
diese Menge nicht mehr, da nicht nur 1609 die Zwiefalter Zehntscheuer und 1610 die Pfarrkirche
neu gebaut wurden33, sondern 1613 auch das halbe Dorf abgebrannt war (insgesamt
13 Wohngebäude und Scheuern, darunter das Pfarrhaus), und dies, weil sich aus Unachtsamkeit
ein Schuß aus einer Büchse löste, der das mit Stroh gedeckte Scheuerdach des Veit Nastold
in Brand gesetzt hatte. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges bestanden 30 bäuerliche und
unterbäuerliche Anwesen, die sich rechtlich auf 9 Erblehen-, 12 Fallehen-, 5 Widern- und
Heiligen-, 2 bäuerliche Eigengüter sowie 2 gemeindeeigene Häuser (Hirten- und Schützenhaus
) aufteilten34. Im Dreißigjährigen Krieg blieb Wilsingen zunächst von Zerstörungen verschont
, doch kamen 1641 die Schweden und plünderten und brandschatzten das Dorf, so daß
bei Kriegsende (1648) wohl kein Haus unbeschädigt geblieben war.

Wie rasch Wilsingen wiederbesiedelt wurde, entzieht sich im einzelnen unserer Kenntnis.
Aufgrund der guten Beziehungen, die Zwiefalten zu den tirolischen und schweizerischen Bruderklöstern
des Benediktinerordens hatte, dürften schon bald von dort katholische Zuwande-
rer in die Dörfer der Zwiefalter Alb gekommen und gegen Ende des 17. Jahrhunderts die
Bevölkerungsverluste ausgeglichen worden sein. Zwei Zahlen zur Illustration! 1651 zählten
Wilsingen und Steinhilben zusammen 150 Kommunikanten35, 1714 lebten in Wilsingen allein
wieder 232 Einwohner, darunter 176 Kommunikanten36.

Als die Zwiefalter Äbte sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts anschickten mit prächtigen
Bauwerken der Idee der »ecclesia triumphans« sichtbaren Ausdruck zu verleihen, hatte das
für die Untertanen zur Folge, daß die Vermögens- und Rechtsverhältnisse neu erfaßt wurden,
allein um für die weiteren Planungen Sicherheit zu erlangen. Auf Geheiß des Abtes Benedikt
Mauz kommt es daher 1748 zu einer Vermessung und lagerbüchlichen Beschreibung sämtlicher
Höfe und Güter der Markung Wilsingen. Bei dieser Gelegenheit werden die einzelnen
Besitzungen genau nach Größe und Nutzungsart sowie Abgaben- und Zinsbelastung erfaßt
und unter einem Heiligennamen registriert37. Fortan steht der Hausheilige für ein bestimmtes
geschlossenes Lehen, das seinen Güterbestand kaum noch verändert. Dies erleichtert die Unterscheidung
der einzelnen Besitzstände, vor allem lassen sie sich nun auch auf der ebenfalls
bei diesem Anlaß gefertigten Flurkarte lokalisieren, ein Verfahren, das ohne größeren Aufwand
möglich ist, da die Höfe mit Buchstaben und die Parzellen mit Ziffern versehen worden
sind, welche wiederum jenen auf der Karte entsprechen.

Welche Form und Gestalt der Ort Wilsingen um die Mitte des 18. Jahrhunderts gehabt hat,
davon vermittelt die Abb. 1, ein verkleinerter Ausschnitt der Flurkarte von 1748/50, eine Anschauung
. Zu erkennen sind im Grundriß die langgestreckte beidseitig bebaute Siedlungszeile,
der heutige Straßenzug Steinhilber Straße - Lindenstraße, sowie etwas abgesetzt davon eine
kleinere Höfegruppe am heutigen Herrenweg gegen Pfronstetten zu. Gut zu erkennen sind
auch die drei Hülen und die Lache beim Rathaus sowie die Kirche im ummauerten Friedhof
mitten im Dorf. Der Karte ist ferner zu entnehmen, daß die Hofraiten nicht gleich groß und
einheitlich bebaut sind. Die Anordnung der Gebäude verrät auch keine planerischen Vorgaben
und Absichten. Die Häuser stehen einmal traufständig, ein ander' Mal mit dem Giebel zur
Straße, was ein Indiz für ein aus den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Bewohner resultierendes
allmähliches Siedlungswachstum ist. Am nördlichen Ortsende führt die Straße nach
Steinhilben noch im Bogen um die Obere Hülbe herum. Der Durchbruch zwischen der

33 Wie vor f. 48r und f. 52r, dort mit Jahresdatum als »neu gebaut« bezeichnet.

34 HStA Stuttgart, H 236, Bd. 54 (Neuerung über Wilsingen 1618).

35 Johann Adam Kraus: Aus den Visitationsakten des ehemaligen Landkapitels Trochtelfingen
1574-1709, in: Freiburger Diözesan-Archiv 73(1953), S. 17

36 Johann Adam Kraus: Kommunikanten, in: Hohenzollerische Heimat 6 (1956), S. 14.

37 HStA Stuttgart, H 236, Bd. 77.

KS


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