Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 100
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Rainer Loose

Kultur fremder Feldfrüchte, wie Topinambur, deren Knollen sich nicht nur zum menschlichen
Verzehr eigneten, sondern deren Stengel und Blätter sich auch als Viehfutter verwerten
ließen, vor allem im Frühjahr, wenn Heu und Streu knapp wurden64. Aber zunächst waren
noch die Kosten der Grundlastenbefreiung zu erwirtschaften, so daß erst nach 1875 die positiven
Auswirkungen sichtbar wurden.

In welcher Weise sich die Neuerungen auf die bäuerliche Wirtschaft auswirkten, soll nachfolgend
am Beispiel der Viehhaltung kurz beleuchtet werden. 1820 hielten die Wilsinger Bauern
insgesamt 60 Pferde, 115 Stück Rindvieh und 50 Schafe; bis 1839 hatte sich der Viehbestand
nahezu verdoppelt. Jetzt wurden 110 Pferde, 312 Kühe, Kälber und Ochsen, 11 Schafe und
14 Ziegen gehalten65. Am Ende des 19. Jahrhunderts (1897) wies die württembergische Gemeindestatistik
für Wilsingen 90 Pferde, 368 Rinder (darunter 204 Milchkühe), 152 Schweine
und 1 Ziege aus66. Die starke Pferdehaltung war eine Domäne der größeren bäuerlichen Betriebe
, die es sich leisten konnten die Stuten auf die Beschälplatte in Zwiefalten zu führen und von
ausgesuchten Hengsten des Marbacher Landgestüts decken zu lassen. Die wenigen Pferdebesitzer
unterhielten vor 1849 auch einen Fohlengarten67. Neben Hayingen, dem Grafen von
Normann-Ehrenfels und der Freifrau von Weidenbach in Buttenhausen hatte Wilsingen sich
um 1845 um die Pferdezucht besondere Verdienste erworben68. Ansonsten fehlte es an vermögenderen
Bauern, die es sich leisten konnten, die Fohlen nicht schon nach 1 Vi bis 2 Jahren an
Pferdehändler zu verkaufen, sondern bis zur Zuchtreife (das heißt bis 6 Jahre) in ihren Ställen
zu halten, wie es im Oberamtsvisitationsbericht von 1829 hieß.

Nicht ganz dieselbe Energie verwendeten die Wilsinger Bauern auf die Rindvieh- und die
Schafzucht. Bei der Schafhaltung gestalteten sich die Voraussetzungen insofern ungünstig,
weil die Schafweiden an auswärtige Schafhalter verpachtet wurden. Bei den meisten Gemeinden
des Oberamtes bildete nämlich die Schafweidepacht einen wichtigen Einnahmeposten zur
Finanzierung des Gemeindehaushalts, auf den man nicht ohne zwingenden Grund verzichten
konnte und wollte. Auch in Wilsingen war es üblich, die Schafweide und den Schafpferch zu
verpachten. 1843 suchte man per Annonce im »Intelligenzblatt für den Oberamtsbezirk Münsingen
« einen Pächter für die Schafweide für gut 600 Schafe. Ein Nürtinger Schäfer erhielt den
Zuschlag. Wir erfahren auch zufällig von Streitigkeiten zwischen ortsfremden Schafhirten und
Güterbesitzern, so im April 1847, als der Echterdinger Schäfer Michael Kirschbaum Schafe
über die Wilsinger Markung trieb, wobei etliche Tiere aus dem Pferch ausbrachen und auf den
eingesäten Äckern Schäden anrichteten. Der Schaden wurde auf insgesamt 13 fl geschätzt, den
der Schäfer bis Ende Juni zu erstatten versprach69.

Der Verbesserung der Rindviehzucht stand vor allem die unkontrollierte Haltung der Stiere
im Wege. Wer wollte und konnte, hielt gegen ein geringes Entgelt Stiere für die Gemeinde. Indessen
wurden Stiere in erster Linie als Spann- und Zugtiere gehalten, nicht sosehr wegen der
Zucht, um bestimmte Leistungsmerkmale bei den Muttertieren zu erhalten. Kritisiert wurde im
Visitationsbericht des Oberamts Münsingen durch den Ulmer Regierungsrat Schmalzigang
1829 darum die geringe Qualität der Farren, die meist mit den Kühen auf die Weide getrieben
und von den beauftragten Haltern in kleinen und dumpfen Ställen gehalten wurden. Im Oberamt
wußte man um diese Mängel und so hatte die Amtsversammlung schon 1828 beschlossen,
Preisgelder für die Prämierung der besten Zuchtstiere auszusetzen und sich in Tirol nach geeig-

64 Vgl. »Der Landwirtschaftliche Bote für die rauhe Alb«, Münsingen Jg. 1848.

65 Amtsgrundbuch des Kameralamtes Zwiefalten, Heft I, S. 45ff. (StaatsA Sigmaringen, Wü 125a,
Bd. 1368).

66 Württ. Jahrbücher, Beiheft 2, Stuttgart 1898.

67 Gemeinderatsprotokoll Bd. II, S. 379 verhandelt am 4. November 1849.

68 StaatsA Ludwigsburg, E 179 II, Bü 2042 (Regierung des Donaukreises Ulm, Oberamtsvisitation
Münsingen 1844).

69 Gemeinderatsprotokoll Bd. II, S. 204 zum Datum 9. April 1847.

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